Abstract
„Jane Austen is everywhere“ – dieser Blogeintrag einer „Janeite“, wie sich Liebhaberinnen von Jane Austen (1775-1817) nennen, die in zahlreichen Fanclubs weltweit organisiert sind, verweist auf die seit nunmehr knapp 200 Jahren lebendige Präsenz des fiktionalen Austenschen Universums. Jane Austens Konterfei ziert heute nicht nur Tassen und T-Shirts, Referenzen auf ihr Werk finden sich z.B. auch in aktuellen Liebesratgebern und Kochbüchern.
Bereits in den 1870er Jahren, 50 Jahre nach dem Tod der zu Lebzeiten unter „by a Lady“ firmierenden Autorin, brach unter begeisterten Leserinnen das erste Jane-Austen-Fieber aus. Bis heute sind ihre sechs Romane „Sense and Sensibility“ (erschienen 1811), „Pride and Prejudice“ (1813), „Mansfield Park“ (1814), „Emma“ (1816), „Northanger Abbey“ und „Persuasion“ (beide postum 1817 erschienen) in vielen Ausgaben und Sprachen erhältlich und insbesondere seit den 1990er Jahren durch eine Reihe textnaher Verfilmungen fürs Fernsehen (v.a. BBC) und Kino einem breiten, internationalen Publikum bekannt. Zudem leben sie in freien literarischen und filmischen Adaptionen weiter (z.B. „Bridget Jones“, „Bride & Prejudice“). Über das schmale Werk der Autorin hinaus, das neben den sechs Romanen drei Fragmente und einige Schriften aus der Jugend umfasst, findet sich dieses kulturelle Erbe aus der Regency-Zeit in verdichteter Form im Genre der (Regency-)Liebesgeschichte wieder. Insbesondere ihr berühmtester Romen, „Pride and Prejudice“, hat die „romance formula“ nachhaltig geprägt.
Der Beitrag beleuchtet zentrale Faktoren für die bis heute anhaltende Popularität von Jane Austens Werk, unter besonderer Berücksichtigung des Produktionsaspekts und der hierbei zentralen Rolle der BBC im Prozess der „Herstellung“ von kulturellem Erbe. Er geht von einer dynamischen, nicht bewahrenden Konzeption von „Erzählung als kulturellem Erbe“ aus und argumentiert, dass gerade die Lebendigkeit, die Anpassungsfähigkeit eines Erzählkomplexes diesen zum kulturellen Erbe macht. Nicht Austens Einzeltexte also, sondern gewissermassen die „Austen formula“ lässt sich als kulturelles Erbe verstehen.