Abstract
Ausgangspunkt der vorliegenden Studie war die Frage, welche Einstellungen und Anliegen die 17-Jährigen in der Schweiz in wichtigen gesellschaftlichen und politischen Themen aufweisen. Aus den Analysen und nicht zuletzt aus dem Vergleich der befragten Jugendlichen mit der Gesamtbevölkerung und früheren Generationen lassen sich die folgenden zentralen Schlussfolgerungen ableiten.
Zunächst unterscheiden sich die 17-Jährigen, die im Wahljahr 2015 volljährig und damit mehrheitlich stimmberechtigt werden, in vielen Themen, Positionen und Diskussionen nicht wesentlich von älteren Generationen. Dies gilt sowohl für die politischen Einstellungen bezüglich Umwelt, Regulierung oder Chancengleichheit für Ausländerinnen und Ausländer wie auch bezüglich Haltungen zur geschlechterspezifischen Rollenteilung, der Wehrpflicht oder in Bürgerrechtsfragen.
Zwar wachsen die heute 17-Jährigen so stark wie keine andere Generation in einem vernetzen, informationsreichen und international geprägten Umfeld auf. Trotzdem zeigt die vorliegende Untersuchung, dass sie sich im Mittel sogar stärker als die älteren Generationen an traditionellen und binnenorientierten Werten orientieren. So stehen die befragten Jugendlichen etwa einem EU-Beitritt weniger positiv gegenüber und erweisen sich im Umgang mit Einwanderung als eher skeptischer als die Bevölkerung insgesamt.
Es muss allerdings hervorgehoben werden, dass die 17-Jährigen wie auch ältere Generationen alles andere als homogen sind. Dabei ziehen sich insbesondere sprachregionale Unterschiede durch praktisch alle Befunde hindurch. Ob politische Einstellungen, Familienmodelle oder die wichtigsten Probleme – die befragten 17-Jährigen in den drei Sprachregionen ticken oft unter-schiedlich. Diese Differenzen sind nicht einfach auf strukturelle Faktoren wie den Migrationshintergrund oder Stadt-Land-Gegensätze zurückzuführen. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass es sich um real existierende Unterschiede in den Einstellungen und Werten handelt. Ebenso zeigen sich in den verschiedenen Themen und Analysen immer wieder Geschlechterunterschiede. Dass diese Differenzen durchaus relevant sind, verdeutlichen etwa die Unterschiede bezüglich des präferierten Familienmodells. Hier zeichnet sich ein potentiell zunehmender Konflikt ab: Auf der einen Seite stehen die immer besser gebildeten jungen Frauen mit ihrer Forderung nach egalitären Familienmodellen, auf der anderen Seite die jungen Männern, die noch kaum eine entsprechende Veränderung in den Einstellungen zur geschlechterspezifischen Arbeitsteilung zeigen.
Die Studie macht aber auch eines deutlich: Das oft gehörte Vorurteil einer politisch uninteressierten Jugend lässt sich nicht generell bestätigen. Ein wesentlicher Teil der 17-Jährigen interessiert sich für Politik. Im Vergleich mit früheren Studien gibt es Hinweise dafür, dass die heutigen Jugendlichen sogar stärker für politische Themen sensibilisiert sind und die diesbezügliche Kluft zur Gesamtbevölkerung geringer ausfällt. Gleichzeitig dominiert jedoch das Bild der Zufriedenheit, welche aktionistisches und protestorientiertes politisches Verhalten früherer Generationen unnötig macht. So zeichnet die Befragung der 17-Jährigen insgesamt das Bild einer Generation, die sich durch Nüchternheit, Pragmatismus und eine gewisse Berechenbarkeit auszeichnet. Diese jungen Menschen träumen weder von einer egalitären Gesellschaft noch vom grossen Umsturz. Gleich wie ihre älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger sorgen sie sich stattdessen um die Einwanderung und sprechen Familie und Privatleben einen hohen Stellenwert zu. Dabei sind sie geprägt vom schweizerischen Konsensgedanken und einer entsprechenden Tendenz zur soliden politischen Mitte.