Abstract
Im Rückgriff auf das Oppositionspaar von Tanzen und Gehen trägt Kellers „Tanzlegendchen“ den für den literarischen Realismus zentralen Konflikt von Poesie und Prosa aus. Indem der Text die christliche Heilsbotschaft gegen den Strich bürstet, stellt er der Vertagung des Tanzes / der Poesie den Anspruch entgegen, diese als Pas de deux mit der Prosa in seinem Hier und Jetzt zu realisieren. Über die Bewegungen seiner Wort- und Sinnfiguren, die der Materialität der Signifikanten und deren konstitutiver Mehrdeutigkeit mehr trauen als eindeutigen Sinnversprechungen, instituiert der Text den Tanz performativ zur Lesefigur und vollzieht auf vielfältige Weise im Darstellungsmedium der Prosa den Grundgestus der Poesie: die versura.