Abstract
Heilung durch die Lungenkur war das Ziel für Tausende Tuberkulosekranke in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie verbrachten Wochen, Monate und sogar Jahre in der Schweizer Berglandschaft, weit entfernt von ihren Familien und Freunden. Sie konnten ihrer täglichen Arbeit nicht mehr nachgehen und sahen sich gezwungen, abhängige Familienmitglieder der Fürsorge zu überlassen. Frauen fielen häufig als Familienmütter aus, Männer als Einkommensgaranten. Die Entscheidung, eine solche Kur auf sich zu nehmen, fiel in der Regel nach dramatischen Abwägungen und unter massivem eigenem und fremdem Druck. Im Kurort erwartete die Kranken kein entspannter Erholungsurlaub. Die Volkssanatorien bildeten schon fast klosterähnliche Orte, an denen die Kranken verschiedener Stadien in einer Schicksalsgemeinschaft abgeschottet zusammen lebten. Sie hatten sich an kontrollierte Abläufe zu halten, die Arbeit und Nahrungsaufnahme, Bewegung und Ruhe vorschrieben. Die Wirksamkeit der Lungenkur wurde allerdings bereits in ihren Anfängen in Frage gestellt und begleitete diese Therapieform während ihrer gesamten Existenz. Offensichtlich standen andere Logiken als die therapeutische Effizienz hinter den Bergaufenthalten.