Abstract
Das 19. Jhdt. ist für die meisten modernen slavischen Sprachen die entscheidende Etappe auf dem Weg zur modernen Standardsprache, in der grundlegende kodifikatorische Entscheidungen getroffen werden (vgl. z. B. Tschechisch, Slovakisch, Slovenisch, Serbisch, Bulgarisch). Zugleich entwickelt sich in dieser Zeit die Zeitung zum ersten wirklichen modernen Massenmedium, welches breite Schichten der jeweiligen Bevölkerung erreicht. In einigen Fällen waren maßgebende Kodifikatoren zugleich Redaktoren und Herausgeber wichtiger Zeitungen. Man kann vermuten – und in der Literatur wird das auch ab und zu angedeutet – dass die Presse einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Durchsetzung der entstehenden modernen Standardsprachen geleistet hat. Dennoch wird dieser in der sprachhistorischen Literatur eher wenig gewürdigt, insbesondere im Vergleich zur Belletristik. Wenn in Zukunft umfangreichere und nach Textsorten stärker spezifizierte Korpora des 19. Jhdt. zur Verfügung stehen werden, wird es an der Zeit sein, den Usus der Presse und sein Verhältnis zur allgemeinen Entwicklung der jeweiligen Standardsprache näher zu untersuchen; der vorliegende Aufsatz zeigt anhand von zwei Beispielen aus dem Russischen und Tschechischen, wie eine solche Untersuchung aussehen könnte.