Zusammenarbeit statt Konkurrenz : Kooperationsmöglichkeiten zwischen der SRG SSR und privaten Medienunternehmen in der Schweiz
Grubenmann, Stephanie; Russ-Mohl, Stephan (2016). Zusammenarbeit statt Konkurrenz : Kooperationsmöglichkeiten zwischen der SRG SSR und privaten Medienunternehmen in der Schweiz. Lugano: USI - Università della Svizzera italiana.
Abstract
Diese explorative Studie liefert zumindest zwei überraschende Ergebnisse, die für die weitere Entwicklung der privatwirtschaftlichen Medienbranche und des Service public in der Schweiz unter Bedingungen der Digitalisierung und Medienkonvergenz relevant sind: - Einerseits ist das Interesse an Public Private Partnerships (PPP) und die Bereitschaft zur Kooperation privater Medienakteure mit der SRG SSR grösser als von uns erwartet. Ob solche Zusammenarbeit unter den derzeit eher schwierigen Ausgangsbedingungen tatsächlich zustande kommen wird, hängt allerdings von deren konkreter Ausgestaltung ab – und wohl auch von einem „Change of Mindset“, der auf beiden Seiten vor allem auf den Führungsebenen erforderlich wäre. - Andererseits zeigt sich, dass in den europäischen Nachbarländern und auch anderswo bereits eine Vielzahl von PPP bestehen, von denen viele eher informell und unterhalb der Schwelle öffentlicher Aufmerksamkeit entwickelt wurden. Es dürfte sich mithin lohnen, in diesem Bereich zu experimentieren. Bei entsprechender Ausgestaltung sind Win‐win‐win‐Situationen denkbar – Synergieeffekte, von denen private Medienanbieter und die SRG SSR sowie vor allem das Schweizer Medienpublikum profitieren würden. - Nicht zu unterschätzen sind allerdings ordnungspolitische Probleme, die mit verstärkten PPP einhergehen könnten: zum einen Wettbewerbsverzerrungen; zum anderen wird, je zahlreicher die PPP, desto unangreifbarer der entstehende Medienverbund und insbesondere die SRG SSR, die der zentrale Knotenpunkt des Verbundes wäre. - Wir plädieren deshalb für zeitlich befristete, möglichst vielfältige und gegebenenfalls rücknehmbare Pilotprojekte, die vor allem kleineren Medienunternehmen und Start‐Ups zugutekommen sollten. Unsere Forschungsarbeit begann zu einem eher ungünstigen Zeitpunkt – kurz nach Verkündung der Werbeallianz der SRG SSR mit Ringier und Swisscom. Wir konnten nicht, wie eigentlich vorgesehen, auf beiden Seiten, sondern nur im privatwirtschaftlichen Mediensektor sowie unter von der SRG SSR unabhängigen Medienexperten Kooperationsbereitschaft sowie Interesse an PPP ausloten. Mitarbeiter der SRG durften, trotz aller öffentlichen Beteuerungen von Kooperationswillen der Führungsspitze, an unseren Befragungen nicht teilnehmen. Gleichwohl gehen wir davon aus, dass unsere Erkenntnisse sowie die explorativen Gespräche selbst Nutzen stiften: Zum einen ist jetzt die Kooperationsbereitschaft auf der privaten Seite dokumentiert, zum anderen ist mit unseren Interviews auch ein Stück „Action ReseResearch“ verbunden. Viele Gesprächspartner haben auf diese Weise zumindest konzentriert über Kooperationspotentiale nachgedacht – und vielleicht war ja das schon ein erster Schritt in die richtige Richtung. Erwartungsgemäss sind dabei die Gesprächspartner geteilter Meinung im Blick auf gemeinsame Content‐Produktion und auf Content‐Sharing, und es lohnt sich, die Pro‐ und Contra‐Argumente nachzulesen. Kooperationen könnten sich als das „kleinere Übel“ zu einem mörderischen Verdrängungswettbewerb erweisen, in dem viele kleine Medienunternehmen unter den Bedingungen der Medienkonvergenz mittelfristig bei weiter schwindenden Abo‐ und Werbeerlösen keine Überlebenschance hätten: Ohne Kooperationen mit der SRG SSR besteht Gefahr, dass die Vielfalt der Online‐Informationsangebote im (nicht professionellen) sogenannten „Longtail“‐Bereich digitaler Netzwerke verschwindet. Soll heissen: Neben der SRG SSR, die mit ihren Gebühreneinkünften online andere Anbieter konkurrenziert und verdrängt, würden schweizweit womöglich nicht einmal eine Handvoll kommerzieller Medien‐ und Nachrichten‐Anbieter überleben. Für die SRG selbst wären Kooperationen ein guter Weg, zunehmendem politischen Druck zu begegnen. Kooperationen müssten aber so gestaltet werden, dass sie nicht den Wettbewerb verzerren: Statt einer langfristig ausgelegten Kooperation mit mächtigen Partnern wie der Swisscom und Ringier sollte sich die SRG SSR eher aktiv um vielfältige und projektbezogene und damit befristete Kooperationen mit möglichst vielen Schweizer Medienunternehmen bemühen. Diese zu gestalten, ist jedoch aufwändig und kaum zentral von der Unternehmensspitze her steuerbar. Deshalb ist möglicherweise eine interne Umstrukturierung der SRG SSR in Richtung Dezentralisierung/Föderalisierung eine Erfolgsvoraussetzung von PPP: Echte Partnerschaften dürften eher dann entstehen, wenn sie auf der mittleren Ebene der SRG SSR gewollt werden und sich die Partner auf Augenhöhe begegnen, als wenn sie von oben verordnet werden. Ein Folge‐Forschungsprojekt, das gemeinsam mit der SRG SSR auf den Weg zu bringen wäre, sollte weiter ausloten, was funktionieren kann und was nicht.
Abstract
Diese explorative Studie liefert zumindest zwei überraschende Ergebnisse, die für die weitere Entwicklung der privatwirtschaftlichen Medienbranche und des Service public in der Schweiz unter Bedingungen der Digitalisierung und Medienkonvergenz relevant sind: - Einerseits ist das Interesse an Public Private Partnerships (PPP) und die Bereitschaft zur Kooperation privater Medienakteure mit der SRG SSR grösser als von uns erwartet. Ob solche Zusammenarbeit unter den derzeit eher schwierigen Ausgangsbedingungen tatsächlich zustande kommen wird, hängt allerdings von deren konkreter Ausgestaltung ab – und wohl auch von einem „Change of Mindset“, der auf beiden Seiten vor allem auf den Führungsebenen erforderlich wäre. - Andererseits zeigt sich, dass in den europäischen Nachbarländern und auch anderswo bereits eine Vielzahl von PPP bestehen, von denen viele eher informell und unterhalb der Schwelle öffentlicher Aufmerksamkeit entwickelt wurden. Es dürfte sich mithin lohnen, in diesem Bereich zu experimentieren. Bei entsprechender Ausgestaltung sind Win‐win‐win‐Situationen denkbar – Synergieeffekte, von denen private Medienanbieter und die SRG SSR sowie vor allem das Schweizer Medienpublikum profitieren würden. - Nicht zu unterschätzen sind allerdings ordnungspolitische Probleme, die mit verstärkten PPP einhergehen könnten: zum einen Wettbewerbsverzerrungen; zum anderen wird, je zahlreicher die PPP, desto unangreifbarer der entstehende Medienverbund und insbesondere die SRG SSR, die der zentrale Knotenpunkt des Verbundes wäre. - Wir plädieren deshalb für zeitlich befristete, möglichst vielfältige und gegebenenfalls rücknehmbare Pilotprojekte, die vor allem kleineren Medienunternehmen und Start‐Ups zugutekommen sollten. Unsere Forschungsarbeit begann zu einem eher ungünstigen Zeitpunkt – kurz nach Verkündung der Werbeallianz der SRG SSR mit Ringier und Swisscom. Wir konnten nicht, wie eigentlich vorgesehen, auf beiden Seiten, sondern nur im privatwirtschaftlichen Mediensektor sowie unter von der SRG SSR unabhängigen Medienexperten Kooperationsbereitschaft sowie Interesse an PPP ausloten. Mitarbeiter der SRG durften, trotz aller öffentlichen Beteuerungen von Kooperationswillen der Führungsspitze, an unseren Befragungen nicht teilnehmen. Gleichwohl gehen wir davon aus, dass unsere Erkenntnisse sowie die explorativen Gespräche selbst Nutzen stiften: Zum einen ist jetzt die Kooperationsbereitschaft auf der privaten Seite dokumentiert, zum anderen ist mit unseren Interviews auch ein Stück „Action ReseResearch“ verbunden. Viele Gesprächspartner haben auf diese Weise zumindest konzentriert über Kooperationspotentiale nachgedacht – und vielleicht war ja das schon ein erster Schritt in die richtige Richtung. Erwartungsgemäss sind dabei die Gesprächspartner geteilter Meinung im Blick auf gemeinsame Content‐Produktion und auf Content‐Sharing, und es lohnt sich, die Pro‐ und Contra‐Argumente nachzulesen. Kooperationen könnten sich als das „kleinere Übel“ zu einem mörderischen Verdrängungswettbewerb erweisen, in dem viele kleine Medienunternehmen unter den Bedingungen der Medienkonvergenz mittelfristig bei weiter schwindenden Abo‐ und Werbeerlösen keine Überlebenschance hätten: Ohne Kooperationen mit der SRG SSR besteht Gefahr, dass die Vielfalt der Online‐Informationsangebote im (nicht professionellen) sogenannten „Longtail“‐Bereich digitaler Netzwerke verschwindet. Soll heissen: Neben der SRG SSR, die mit ihren Gebühreneinkünften online andere Anbieter konkurrenziert und verdrängt, würden schweizweit womöglich nicht einmal eine Handvoll kommerzieller Medien‐ und Nachrichten‐Anbieter überleben. Für die SRG selbst wären Kooperationen ein guter Weg, zunehmendem politischen Druck zu begegnen. Kooperationen müssten aber so gestaltet werden, dass sie nicht den Wettbewerb verzerren: Statt einer langfristig ausgelegten Kooperation mit mächtigen Partnern wie der Swisscom und Ringier sollte sich die SRG SSR eher aktiv um vielfältige und projektbezogene und damit befristete Kooperationen mit möglichst vielen Schweizer Medienunternehmen bemühen. Diese zu gestalten, ist jedoch aufwändig und kaum zentral von der Unternehmensspitze her steuerbar. Deshalb ist möglicherweise eine interne Umstrukturierung der SRG SSR in Richtung Dezentralisierung/Föderalisierung eine Erfolgsvoraussetzung von PPP: Echte Partnerschaften dürften eher dann entstehen, wenn sie auf der mittleren Ebene der SRG SSR gewollt werden und sich die Partner auf Augenhöhe begegnen, als wenn sie von oben verordnet werden. Ein Folge‐Forschungsprojekt, das gemeinsam mit der SRG SSR auf den Weg zu bringen wäre, sollte weiter ausloten, was funktionieren kann und was nicht.
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