Abstract
Welche Bedingungen sind notwendig und hinreichend, um den vollen Beweisgehalt einer Aussage auszuloten und ihr allenfalls Glauben zu schenken? Sprachliche, logische und psychologische Aspekte werden hier in ein praxistaugliches Konzept zur Würdigung von Aussagen vereint. Der Begriff Aussagenvalidität (d.h. Belastbarkeit) mit vier Dimensionen ersetzt die schwammigen Begriffe „Wahrheit“ und „Glaubhaftigkeit“. Die formale sprachliche Validität bedeutet Verbindlichkeit: Der Sprecher benutzt das Wort „ich“ und beschreibt die fraglichen Fakten als (ggf. widerlegbare) Behauptungen. Die Inhaltsvalidität einer Aussage besteht erstens in der Übereinstimmung mit anderweitig erhobenen Beweismitteln und zweitens in der inneren Schlüssigkeit der Aussage. Die Beurteilung der Inhaltsvalidität muss die Schwächen von menschlicher Wahrnehmung und Gedächtnis berücksichtigen. Die punktuelle Übereinstimmung einer Aussage mit anderweitig ermittelten Ergebnissen (Anker) ist das Hauptkriterium der Inhaltsvalidität, wohingegen ihre innere Schlüssigkeit nur ein Hilfsmittel für die Vernehmung darstellt. Subsidiär ist die Quellenvalidität: Woher stammen die Informationen, welche die befragte Person wiedergibt? Mit diesem Ansatz kann man den Beweiswert der Aussagen erfassen, mehr Indizien über spontan geäusserte Bewusstseinsinhalte der befragten Person gewinnen und rhetorischen Ausweich-Manövern begegnen.