Abstract
Tell el-Far‘ah (Süd) zählt zu den Orten im südlichen Palästina, die W.M.F. Petrie ausgewählt hatte, um dort nach ägyptischen Hinterlassenschaften zu suchen und somit die vielfältigen Beziehungen zwischen Ägypten und Palästina besser zu verstehen. Seine Erwartungen sollten sich in Tell el-Far‘ah (Süd) in hohem Maße erfüllen. Außer zahlreichen Gräbern mit ägyptischem Fundgut konnte auch ein großes Haus freigelegt werden, das Petrie als ägyptische Residenz eines Gouverneurs deutete. Ausschlaggebend dafür waren gravierte Elfenbeinpaneele, die in dem Gebäude zutage kamen und einst einen hölzernen Gegenstand dekoriert hatten. Petrie präsentierte seine Erkenntnisse in wenigen Sätzen, ohne sich mit Vergleichen oder näheren Begründungen aufzuhalten. Auch Gelehrte, die Petries Interpretationen entweder teilen oder andere Auffassungen vertreten, haben sich mit den Funden und Befunden noch nicht eingehend auseinandergesetzt. Dieses Buch bietet daher erstmals eine detaillierte Analyse sowohl der Elfenbeinpaneele als auch der Residenz.
Stratigraphie und Baugeschichte des Gebäudes bleiben problematisch, seine Gestaltung aber läßt klare Parallelen zu ägyptischer Wohnhausarchitektur erkennen. Diese Tatsache erlaubt trotz Plünderung, Zerstörung und unzureichender Dokumentation auch die Funktionsbestimmung einiger Räumlichkeiten. Um das Haus im kulturellen und historischen Kontext der spätbronzezeitlichen Levante angemessen beurteilen zu können, erfolgt eine kritische Diskussion der sog. Gouverneursresidenzen. Sie zeigt auf, wie widersprüchlich die bisherigen Klassifizierungen und Interpretationen der fraglichen Bauwerke sind. Die ausführliche Behandlung der Elfenbeinpaneele macht deutlich, daß die dargestellten Themen, Motive und Antiquaria weitgehend ägyptischen Vorbildern folgen. Nur vereinzelt lassen sich Bezüge zu anderen Kunstlandschaften feststellen. Die eingehende ikonographische Untersuchung bildet die Basis für die Datierung und kunsthistorische Einordnung der Schnitzereien sowie die Deutung der abgebildeten Hauptperson. Abschließend wird dargelegt, in welcher Beziehung Auftraggeber, Paneele und Haus zueinander standen.