Abstract
Das Thema dieses Bandes ist seit mehr als 100 Jahren monographisch nicht mehr behandelt worden. F. de Saulcy ist es damals nicht gelungen, mit seinem Werk "Histoire de l'art judaïque tirée des textes sacrés et profanes" (Paris 1858, ²1864) das Axiom "L'art judaïque n'existe pas; il n'a jamais existé" zu erschüttern. Die protestantische Bilderskepsis, die protestantische Domination der alttestamentlichen Exegese, das jedem Kind vertraute Zweite Gebot und die Geschichte vom unrühmlichen Ende des "Goldenen Kalbes" bildeten eine Phalanx, die so leicht nicht zu durchbrechen war.
Dieses Buch unternimmt einen zweiten, allerdings weniger hoch gesteckten Versuch. Möglichst vollständig sind hier noch einmal alle alttestamentlichen Nachrichten über reale Kunstwerke gesammelt und neu mit den Methoden der historisch-kritischen Exegese erarbeitet und mit den von de Saulcy noch nicht erahnten Ergebnissen einer hundertjährigen Ausgrabungstätigkeit in Palästina/Israel (und in den Nachbarländern) verglichen worden. Die Studie postuliert zwar nicht das Vorhandensein einer eigenen israelitisch-judäischen Kunst mit einem eigenen Stil und spezifischen Themen, aber sie demonstriert die vielfältige Präsenz von Bildern in Israel, und liefert von den Texten her in vielerlei Hinsicht wichtige Ergänzungen zu den archäologischen Funden. Bei jedem einzelnen Text wird die Frage behandelt, ob er überhaupt von einem realen Kunstwerk redet und wie dieses ausgesehen haben könnte und welche Bedeutung es für die Hersteller/innen und Benützer/innen der damaligen Zeit hatte. So vermittelt dieses Buch einen ikonographisch und religionsgeschichtlich informativen Blick auf Vorstellungen und Bilder, an denen sich das Alte Testament seinen eigenen Aussagen gemäss negativ oder positiv orientiert hat.