Abstract
Auch wenn es sich bei der Blutrache sowohl zahlenmässig als auch flächenmässig um ein marginales Phänomen handelt, so sind sich Experten dennoch einig, dass noch heute Blutrache-Morde vorkommen. Das Auftreten dieses Phänomens schränkt sich indes nicht nur auf Gebiete wie Nordalbanien und Kosovo ein, sondern wird infolge der Migration auch nach Westeuropa exportiert. Im Diskurs um das Thema der Blutrache fallen häufig Schlagwörter wie Gesetzlosigkeit, Selbstjustiz oder Ähnliches. Genau deshalb ist es wichtig, dass sich die Wissenschaft auch weiterhin mit diesem Thema befasst. In diesem Beitrag möchte ich der Frage nachgehen, inwiefern die Praxis der Blutrache als Selbstjustiz betrachtet werden kann. Hierbei werde ich vor allem die Innenperspektive beleuchten, da nur diese uns erlaubt, ein differenziertes Bild zu erhalten, das neben den unzähligen Fremdzuschreibungen unbedingt nötig ist.