Abstract
Hintergrund: Beobachtungsinstrumente stellen eine wichtige Ergänzung zur Einschätzung des Interventionsbedarfs im Rahmen einer adäquaten Gefängnisversorgung dar. Die vorliegende Studie hatte zum Ziel, die Reliabilität und Validität eines neu entwickelten Beobachtungsinstruments für jugendliche Gefängnisinsassen (BEO-GF-J) zu prüfen.
Methode: Der BEO-GF-J wurde in einer Stichprobe von 126 jugendlichen Gefängnisinsassen (Mittelwert = 16,83 Jahre, Standardabweichung = 1,11 Jahre) eingesetzt. Die 18 Items des BEO-GF-J wurden einer Faktorenanalyse unterzogen. Der Zusammenhang zu den mittels standardisierter Interviews erfassten internalisierenden und externalisierenden psychischen Störungen, zu späteren kriminellen Rückfällen (offizielle Daten) und zu Interventionen während der Haft wurde analysiert.
Resultate: Am häufigsten wurde depressives und ängstlich besorgtes Verhalten (38–39 %) bei den Jugendlichen beobachtet. Drohendes bzw. impulsives Verhalten (15–33 %) und Suizidalität (4–9 %) wurden seltener beurteilt. Die Faktorenanalyse ergab Hinweise auf zwei bedeutungsvolle Faktoren des BEO-GF-J, welche Aggression (BEO-A) und emotionale Probleme (BEO-E) repräsentieren. Die Interrater-Reliabilität und die interne Konsistenz der Items und Skalen waren zufriedenstellend. Der Gesamtwert und die Skala BEO-E wiesen auf das Vorliegen von internalisierenden Störungen und Suizidalität hin. Der BEO-GF-J zeigte keine Zusammenhänge zu späteren kriminellen Verhaltensweisen, jedoch zu durchgeführten Interventionen während der Haft.
Schlussfolgerungen: Der BEO-GF-J stellt ein vielversprechendes Screeninginstrument dar, um diejenigen Jugendlichen zu identifizieren, welche weitere Abklärungen und psychiatrische Interventionen benötigen.