Abstract
In der alttestamentlichen Wissenschaft geschah die Sammlung und systematische Analyse von Vergleichsmaterial aus dem Bereich des altorientalischen Rechts bisher gewöhnlich mit dem „Bundesbuch“ (Ex 21-23) als Referenzrahmen. Die vorliegende Untersuchung geht demgegenüber von einem deuteronomischen Gesetzestext aus: Dtn 22,13-21. Dieser Text wird zunächst exegetisch analysiert und dann drei Reihen von keilschriftlichen Gesetzen bzw. Rechtsurkunden gegenübergestellt: Texte, in denen die Unberührtheit der Frau im Hinblick auf die Heirat eine Rolle spielt, Texte, die von einseitiger Ehescheidung handeln, und Texte über falsche Anschuldigung vor Gericht. Die Untersuchung zeigt, wie diese drei traditionellen Themen altorientalischen Rechts in Dtn 22,13-21 auf charakteristische Weise ineinander verwoben vorliegen.
Die Untersuchung ist ein Beitrag zum Vergleich von biblischem und altorientalischem Recht. Sie wirft zugleich ein Licht auf kulturgeschichtliche Aspekte der sozialen Stellung der Frau und auf gesellschaftliche Dimensionen von „Offenbarung“.