Abstract
Mit Blick auf alternde Gesellschaften und Gesundheit stehen nicht nur demographische und damit verbundene epidemiologische Veränderungen, sondern gleichzeitig ablaufende soziale Umgestaltungen, Änderungen des Lebensstils und Urbanisierungsprozesse (meist gekoppelt mit Migration) zueinander in Beziehung.
Die Frage ‚wer pflegt mich denn noch?‘ wird im Globalen Süden zum dominanten Kennzeichen der Verwundbarkeit im Alter.
Ein Charakteristikum des Alterns im Globalen Süden besteht darin, dass viele alte Personen neben chronischen Erkrankungen oft gleichzeitig noch unter Infektionskrankheiten wie Lungentuberkulose, Typhus oder Haut- und Wurmkrankheiten sowie unter altersbedingten Beschwerden leiden. Diese multiple Morbidität (‚multimorbidity‘) bei alten Menschen führt sowohl nationale Gesundheitssysteme als auch bestehende Pflegeanordnungen (etwa im Haushalt) an die Grenzen des Machbaren.
Die Pflege der alten Menschen im Globalen Süden muss ‚entromantisiert‘ werden, sie läuft auf keinen Fall mehr so geradlinig, verbürgt und widerspruchslos ab, wie dies noch in alten (meist ethnologischen) Dokumenten hervorgehoben wurde.
Auch die Alterspflege im Globalen Süden wird vermehrt zu einem profitorientierten Arbeitsfeld, etwa als institutionalisierte Pflege in Form von Alters- und Pflegeheimen.
Globalisierende Ströme von Konzepten, Bildern und Handlungen eines guten, gesunden und positiven Alterns sind nun auch im Globalen Süden angekommen – und auch schon angenommen und umgesetzt worden.
Die seit 2016 geltenden 17 ‚Sustainable Development Goals‘ (SGDs) sehen kein spezifisches Ziel für alte Personen und deren Entwicklungsfelder vor (UN, 2015). Als Kompromissformel beinhaltet diese globale Nachhaltigkeitsagenda den Passus „for all at all ages“ und vertritt dadurch einen ‚all inclusive‘-Anspruch. Ob diese Formulierung eine genügende Priorisierung der Entwicklungsbedürfnisse auch von älteren Menschen innerhalb der SDGs mit sich bringt, wird zumindest aus der Sicht von AltersaktivistInnen angezweifelt.