Abstract
Die Berufung des Mose (Exodus 3,1-4,17) präsentiert einen Schnittpunkt göttlichen Zugehens auf die Menschen und menschlicher Annahme dieser Selbsterschliessung. Entscheidende Faktoren in diesem Dialog sind das Reden von Gott, die Einwände des Mose und das Einbeziehen vergangener und zukünftiger Geschichte. In Verbindung mit dem Zeitpunkt (Anfang der Volkswerdung und Beginn der Geschichte der Befreiung) erlauben Vokabular und Entwicklung eine Deutung von Ex 3-4 als Verdichtungs- und Wendepunkt: Noch einmal werden Themen aus der Gen aufgegriffen, und zugleich wird ein weiter und teils sehr präziser Ausblick in eine neue Zukunft gegeben. In diesen Wandel wird alles hineingerissen, der Gott der Väter, Mose der Hirte und die Söhne Israels in Ägypten. Die einzige Größe, die in dieser Verwandlung Halt geben kann – und sie dabei sogar selbst provoziert hat! -, ist die bleibende Identität Gottes, die in der Gleichsetzung des Vätergottes mit Jahwe zum Ausdruck kommt. Ihr entspricht das Bekenntnis „Jahwe unser Gott“.
Diese am Päpstlichen Bibelinstitut in Rom entstandene Dissertation folgt dem in der Literaturwissenschaft üblichen Vorgehen. Nach Übersetzung, Abgrenzung, Untersuchung von Form und Gliederung kommt eine ausführliche Textanalyse. Als ein Ergebnis zeigt sich dabei, dass wir mit erzählerischer Einheitlichkeit des Textes rechnen müssen. Fünft Exkurse gehen auf besondere Texteigenheiten ein, wie z.B. den doppelten Namensanruf „Mose! Mose!“ oder Ex 3,14a „Ich werde sein, wer immer ich sein werde“. Das letzte Kapitel, eher theologisch, befasst sich u.a. mit der literarischen Konvention des Einsetzungsberichtes, mit den Personen der Erzählung, Jahwe und Mose, und mit dem Paradox des brennenden und nicht verbrennenden Dornbusches. Insgesamt zeigt sich die Berufung des Mose so als die aus monotheistischem Glauben heraus formulierte literarische Projektion eines einheitsstiftenden und identitätsbildenden Angelpunktes innerhalb des AT.