Abstract
Ausgehend von der Untersuchung einer auf den ersten Blick irritierenden Intervention einer Therapeutin im Erstgespräch mit einer Patientin nach Suizidversuch gehen die Autoren der Frage nach, was diese Intervention humorvoll macht und was eine solche, potenziell riskante Intervention für die Entwicklung der Begegnung bedeuten kann. Anhand der gesprächsanalytischen Untersuchung dieser konkreten Episode im Feintranskript befasst sich dieser Beitrag mit der konzeptuellen Beziehung zwischen der humoristischen Einstellung Freuds und dem modernen behandlungstechnischen Konzept der Kreditierung. Der Begriff der Kreditierung verweist auf eine entwicklungsfördernde therapeutische Haltung, die auf einer wohlwollend fordernden Einstellung gegenüber dem Patienten basiert. Therapeutisch eingesetzter Humor kann so als eine taktvolle Taktlosigkeit verstanden werden, die den Patienten zur spielerischen Übernahme einer alternativen Selbstpositionierung einlädt. Die humorvolle Zumutung kann als Einladung zu einem therapeutischen Spiel verstanden werden, das, ähnlich dem Spiel des Kindes, einen Übergangsraum eröffnet und narzisstische Restitution anbietet. Abschließend werden theoretische und technische Überlegungen zur Verwandtschaft des Konzepts der Kreditierung mit dem klassischen Konzept der humoristischen Einstellung besprochen