Abstract
Abstract
In a post-feudal order, Joseph von Radowitz argues in “A Contemporary Conversation on Church and State” (1846), the noblesse oblige principle can only be preserved if translated into a more general property obliges principle. Because of this argument, scholars rank Radowitz’s text among the documents that intellectually pioneered the social welfare state. Nevertheless, “A Contemporary Conversation on Church and State” has not yet been analyzed in detail, which however is indispensable for its interpretation given the playful exoteric/esoteric form of the text. The present article fills this lacuna and shows that Radowitz aimed at forging an alliance across all classes to prevent institutional decay in the face of nascent industrialization rather than at beguiling the working class to keep the aspiring bourgeoisie in check.
Zusammenfassung
In seiner Schrift, „Gespräche aus der Gegenwart über Staat und Kirche“ (1846), leitet Joseph von Radowitz eine allgemeine Sozialbindung des Eigentums aus dem Prinzip „Adel verpflichtet“ ab. Während der Text in den vergangenen Jahren als wichtiges Dokument der intellektuellen Vorbereitung des Wohlfahrtsstaats in Deutschland entdeckt wurde, steht eine detaillierte Interpretation noch aus – und zwar nicht zuletzt deshalb, weil die Intention des Autors durch die platonische Dialogform des anonym veröffentlichten Texts, die Namensgebung der miteinander diskutierenden Charaktere und das sonderbare Vorwort offensichtlich verschleiert wird. Die vorliegende Untersuchung holt dies nach und zeigt, dass Radowitz mittels der Ausbildung sozialstaatlicher Strukturen nicht, wie bislang angenommen, einen machtpolitischen Schulterschluss zwischen Arbeiterschaft und Erbadel gegen das aufstrebende Bürgertum zu befördern, sondern eine überparteiliche Allianz zu schmieden suchte, um dem schleichenden Funktionsverlust institutioneller Errungenschaften entgegenzuwirken.