Abstract
Steigende Ansteckungszahlen mit Syphilis und Gonorrhö während und nach dem Ersten Weltkrieg waren Anlass für Aufklärungskampagnen in zahlreichen Ländern Europas und Nordamerikas. Im Verbund didaktischer Medien entstanden hierfür in den 1920er Jahre sowohl dokumentarische Lehr-¬‐ wie teil und fiktionale Filme, die explizit die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten thematisierten. Ziel war es, die medizinwissenschaftlichen Kenntnisse einer breiten Bevölkerung in populär verständlicher Form zu vermitteln. Den Filmen immanent ist daher die doppelte Intension: zu belehren und zu erziehen. Um die Filme in ihrer historischen Relevanz zu verstehen, werden in dieser Arbeit die Inhalte in Bezug zu historischen, kulturellen, sozialen und medizinischen Diskursen gestellt. Unter dem Aspekt der Belehrung wird untersucht, wie die medizinischen Sachverhalte ins Bild gesetzt und didaktisch verknüpft sind. Der Tradition medizinischer Forschung verpflichtet präsentieren sich die medizinischen Befunde als medial konstituierte. Unter dem Aspekt der Erziehung werden Ansteckungsszenarien und Krankheitsverläufe fiktionalisiert und in filmische Handlung übersetzt. Dem Analogieprinzip folgend erkranken die Figuren stellvertretend für das Publikum und durchleben am ‚eigenen’ Leib die verschiedenen Stadien der Syphilis. Dadurch sollen die Zuschauerinnen und Zuschauer emotional angesprochen und zu einer Verhaltensänderung bewegt werden. Ein Verhalten, das sich an den konservativen Werten und Normen der damaligen Zeit orientierte, und die zu restaurieren, die Filme einen wichtigen Beitrag lieferten