Abstract
Der folgende Beitrag behandelt ein von der Problematik und von der Theorie der Autorschaft scheinbar unberührtes Thema: den Übersetzer. In einem ersten Teil soll die vor allem in der Übersetzungskritik vorherrschende Auffassung illustriert werden, nach der Übersetzer und Autor in einem klar hierarchischen Verhältnis zueinander stehen und ihre Tätigkeiten eindeutig voneinander zu unterscheiden sind. Im Gegensatz zum Übersetzer zeichnet sich nach dieser Auffassung der Autor durch Einmaligkeit, Ursprünglichkeit und Schöpferkraft aus. Der Übersetzer hingegen ist vor allem ein Dienstleister. Der zweite Teil zeigt auf, dass seit dem späten 18. Jahrhundert auch Überlegungen angestellt werden, nach denen Übersetzertätigkeit und Autorschaft eng miteinander verbunden sind. Diese Verbindung resultiert ganz wesentlich aus der frühromantischen Sprach- und Literaturtheorie und wird in Teilen sowohl von Walter Benjamin als auch von Jacques Derrida produktiv aufgenommen. In einem dritten Teil wird der Frage nachgegangen, was der ›Tod des Autors‹ für den Übersetzer bedeutet und inwiefern eine moderne Übersetzungswissenschaft vom Tod des Übersetzers auszugehen hat.