Abstract
Im 5. Jahrhundert v. Chr. entstand im antiken Stadtstaat Athen eine der wirkmächtigsten Utopien der Menschheit: Die Idee, dass eine freie öffentliche Kommunikation Vernunft (Logos) und die legitimste aller Gesellschaftsformen sichert – die Demokratie (vgl. Arendt, 1992; Imhof, 1998). Nur das, was sich im öffentlichen Abwägen unterschiedlicher Standpunkte durchsetzen kann, so waren die alten Griechen überzeugt, kann mit der Zustimmung aller rechnen.Die Verwirklichung dieses Ideals war an klare Bedingungen geknüpft. Es musste mit der Agora, dem Marktplatz der Ideen, einen gemeinsamen Ort der öffentlichen Debatte geben. Die Kommunikation auf der Agora sollte so gestaltet ein, dass sich die "sanfte Gewalt des besseren Arguments" bestmöglich zur Geltung bringen kann. Wie präsentiert sich die gegenwärtige, realexistierende Öffentlichkeit im Licht des aufklärerischen Ideals? Die moderne, mediale Agora wankt gewaltig. Ein wichtiger Faktor ist die Digitalisierung der öffentlichen Kommunikation, und diese wird wiederum immer stärker von globalen Tech-Giganten wie Google und Facebook bestimmt. Insgesamt stellt die ›Plattformisierung‹ – d. h. der Bedeutungsgewinn von Facebook, Google und Co. – die mediale Agora vor grosse Probleme. In diesem Beitrag skizzieren wir dies anhand von drei bewusst zugespitzten Thesen. Ausleitend diskutieren wir, welche Gegenkräfte in der Schweiz (noch) wirken und was wir tun können, um die Öffentlichkeit und damit auch die Demokratie wieder zu stärken.