Abstract
Die Unterstützung von Eltern an ihre Kinder endet längst nicht mit dem Auszug aus dem Elternhaus. Im Gegenteil lassen sich vielfältige Formen der so genannten Generationensolidarität auch bei Eltern-Kind-Beziehungen finden, die nicht im gleichen Haushalt leben. Allerdings wissen wir noch vergleichsweise wenig über den Einfluss von sozialer Ungleichheit auf Solidarität in Familiennetzwerken über Haushaltsgrenzen hinweg. Inwiefern beeinflusst soziale Ungleichheit die intergenerationale Solidarität im Erwachsenenalter? Kann man davon sprechen, dass sich soziale Ungleichheit in Familiennetzwerken intergenerational durch ungleiche Solidarität manifestiert oder sogar vergrössert? Vor diesem Hintergrund untersucht der Beitrag intergenerationale Geldtransfers im Kontext von sozialer Ungleichheit auf Basis des „Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe“ (SHARE). Die Analysen berücksichtigen eine Drei-Generationenperspektive und behandeln die Weitergabe verschiedener Arten monetärer Transfers in Familiennetzwerken, und zwar in Form von Geld, Sachgeschenken und Wertgegenständen zu Lebzeiten oder in Form von Erbschaften in 16 europäischen Ländern. Die multivariaten Mehrebenenanalysen zeigen, dass es zu einer Zementierung von sozialer Ungleichheit über Generationen hinweg kommt und damit eine Kumulation von Vor- bzw. Nachteilen im Lebenslauf beobachtet werden kann. Geld und Vermögen bleibt mehrheitlich in den höheren Schichten und wird auch bei räumlich getrennten Familiennetzwerken von Generation zu Generation weitergegeben. Höher gebildete und wohlhabendere Eltern, die in der Regel selber aus höheren Schichten stammen, unterstützen ihre eigenen Kinder wiederum selber häufiger finanziell, und zwar obwohl diese selber meistens finanziell auf Grund einer höheren Bildung bessergestellt sind. Das Matthäus-Prinzip «Wer hat, dem wird gegeben» spiegelt gut das finanzielle Transferverhalten in europäischen familialen Netzwerken wider, und dies über mehrere Generationen hinweg.