Abstract
Der Schweizer Presse- und Onlinemarkt blickt auf einen langen Prozess der strukturellen und inhaltlichen Konzentration zurück, der in den letzten Jahren weiter vorangeschritten ist. So hat die Anzahl der erhältlichen Titel weiter abgenommen, und Redaktionszusammenlegungen sowie Kooperationen zwischen Medienhäusern sind zur Regel geworden. Diese Umstrukturierungen sind vor dem Hintergrund der prekären Ressourcenlage im Journalismus nachvollziehbar. Der digitale Strukturwandel hat das Nutzungsverhalten der Leserschaft stark verändert und führt letztlich zu einer verminderten Zahlungsbereitschaft wie auch einem Wegbruch an Werbeeinnahmen, was den Schweizer Qualitätsjournalismus um ein langfristig finanzierbares Geschäftsmodell ringen lässt und Sparbemühungen auslöst. In diesem Zusammenhang sind die Zusammenlegungen von Redaktionen, welche in den letzten Jahren zugenommen haben, zu verstehen. Diese stellen jedoch die föderalistische Schweiz, in Kombination mit der dominanten Tendenz zur Einstellung von Titeln – trotz wenigen Neugründungen –, vor ein politisches Problem. Redaktionelle Kooperationen gefährden die Qualität des publizistischen Angebots, insofern die Menge und Vielfalt der zirkulierten Inhalte in der Schweizer Medienarena durch diese Vereinheitlichung abnimmt. Dies hebt die Medienkonzentration auf eine neue Stufe: Zur strukturellen Medienkonzentration in Form der sukzessiven Abnahme der Anbietervielfalt gesellt sich die inhaltliche Medienkonzentration in Form gleichläufiger Inhalte, die via verschiedene Medientitel eines Verbundsystems in Umlauf gebracht werden. Letzteres belegen automatisierte Textabgleiche mittels Jaccard-Koeffizienten für den Schweizer Pressemarkt. Gerade regionale Abonnementszeitungen werden in den überregionalen Ressorts mit Inhalten aus Zentralredaktionen versorgt, die aufgrund der geografischen Heterogenität des Zielpublikums nicht mehr eine spezifisch regionale Perspektive auf nationale Vorgänge vermitteln. Die für die föderalistische Schweiz zentrale Meinungsvielfalt wird damit von zentral geführten Medientiteln nicht mehr in gleichem Masse bereitgestellt wie zuvor. Allerdings hat die prekäre Ressourcenlage auch zu innovativeren Geschäftsideen und einer Diversifizierung im Kleinen geführt. Nicht nur mit Blick auf die Lancierung der Republik in der Deutschschweiz zeigt sich auch in der Suisse romande eine verhaltene Tendenz zur Neubelebung des Pressemarktes. So sind jüngst kleinere Nischenangebote entstanden, die auf die Solidarität der Leserschaft aufbauen und damit beweisen, dass eigenständiger Journalismus mit hoher Qualität durchaus eine zahlende Leserschaft mobilisieren kann.