Abstract
In dieser Arbeit wird untersucht, wie in den 1970er-Jahren anhand der konkreten Bearbeitung des Problems eines drohenden „Numerus clausus“ bildungs- und hochschulpolitische Regelungskompetenzen zwischen Bund und Kantonen in der Schweiz neu ausgehandelt wurden. Während der Phase der Bildungsexpansion standen in der Schweiz der Ausbau und die Finanzierung der Hochschulen im Zentrum der hochschulpolitischen Debatten. Die knappen öffentlichen Finanzen führten dabei zu einer Situation, in der die Hochschulkantone nicht mehr in der Lage waren, ihre Universitäten entsprechend der steigenden Nachfrage nach Studienplätzen auszubauen. Aus diesem
Grund wurde die Einführung von Zulassungsbeschränkungen in Form eines „Numerus clausus“ insbesondere an den medizinischen Fakultäten in Betracht gezogen. Anhand der Analyse der Jahresberichte und Positionspapiere der Schweizerischen Hochschulkonferenz (SHK) und dem Schweizerischen Wissenschaftsrat (SWR) wird aufgezeigt, wie diese beiden Gremien die allgemeine hochschulpolitische Situation und insbesondere das Problem knapper Studienkapazitäten deuteten und adressierten; und inwiefern sich ihre Rollen und Handlungsorientierungen im zeitlichen Verlauf veränderten. Die Arbeit zeigt auf, dass es sich bei der Frage des Numerus clausus nicht nur um ein
technisches Problem handelte, sondern dass damit auch divergierende Vorstellungen über das grundlegende Recht der Studierenden auf eine freie Studienwahl sowie die Steuerung der Zulassung zum Studium aufgrund des wirtschaftlichen Arbeitskräftebedarfs verbunden waren.