Abstract
Im Laufe der 1950er-Jahre eignete sich die franquistische Regierung in Spanien eine Rhetorik an, die das eigene politische System als Rechtsstaat beschrieb. Zur selben Zeit pochten inhaftierte Oppositionelle in zunehmend öffentlichkeitswirksamer Art und Weise auf ihren Status als „politische Gefangene“ – eine Kategorie, die es im spanischen Strafvollzug offiziell nicht mehr gab. Einer von ihnen war der kommunistische Anwalt Gregorio Ortiz Ricoll, der zusammen mit anderen Kommunisten im Gefängnis von Burgos saß. Wie der vorliegende Beitrag zeigt, setzte Ortiz Ricoll sein juristisches Wissen gezielt ein, um gegen die Inhaftierung von „politischen Gefangenen“ zu protestieren. Die Autorin untersucht die Möglichkeiten und Grenzen dieser Form des Gefangenenprotests und stellt die Frage, inwiefern er eine Herausforderung für die sich als rechtsstaatlich gebende Diktatur darstellte. Dabei wird ersichtlich, dass der Deutungskonflikt über Spaniens Rechtsstaat nicht auf eine nationale Ebene beschränkt blieb, sondern transnational geführt wurde.