Abstract
Die Anstellung in Teilzeitpensen wurde lange Zeit als ein Modell für Frauen verstanden. Zudem werden Teilzeitstellen einerseits als Mittel für Arbeitende, um Privatleben und Beruf zu vereinbaren, aber andererseits auch als ein im Interesse von Firmen geschaffenes atypisches Arbeitsverhältnis mit den dazugehörigen Nachteilen gesehen. In diesem Zusammenhang ist mit Bezug auf das Buch Half A Job: Bad and Good Part-Time Jobs in a Changing Labor Market von Chris Tilly (1996) auch von „guten“ und „schlechten“ Teilzeitstellen die Rede. Ab den 90er Jahren wird nun ein Aufkommen von Fast-Vollzeitstellen, d.h. von Stellen mit Anstellungsprozenten zwischen 80 und 95%, beobachtet. Diese Art von Teilzeitstellen hat dabei sowohl für Frauen wie auch für Männer wesentlich an Bedeutung gewonnen. In dieser Arbeit werden nun sowohl Eigenschaften dieser Anstellungsart als auch mögliche Gründe für den Bedeutungszuwachs dieser Stellen untersucht. Erstens werden dabei anhand logistischer Regressionen individuelle Entscheidungen für Fast-Vollzeitstellen nachvollzogen und zweitens wird versucht anhand von fixed effects Modellen der Anstieg der Zahl an Fast- Vollzeitstellen innerhalb von Berufsgruppen zu ergründen. Dabei kann anhand von Daten der Schweizer Arbeitskräfteerhebung die Seite der Arbeitenden und anhand von Stellenausschreibungsdaten des Stellenmarkt-Monitors Schweiz auch die Firmenseite berücksichtigt werden.
Bezüglich der individuellen Entscheidungen zeigt sich, dass sich Fast-Vollzeitstellen sowohl für Frauen als auch für Männer wesentlich von Vollzeitstellen und Teilzeitstellen mit niedrigerem Pensum unterscheiden. Im Vergleich zu herkömmlichen T eilzeitstellen scheinen Fast-Vollzeitstellen mehrheitlich dem Bild einer „guten“ Teilzeitstelle im Sinne von Tilly zu entsprechen. Es zeigen sich jedoch sowohl zwischen den Geschlechtern als auch nach Lohnkategorien wesentliche Unterschiede. Fast-Vollzeitstellen scheinen für Männer eine Option zu sein, um kleine Kinder und Beruf zu vereinbaren, Frauen mit Kindern scheinen aber eher in herkömmlichen Teilzeitstellen angestellt zu sein. Insofern scheinen sich „traditionelle“ Geschlechter-Arrangements auf einer anderen Ebene zu reproduzieren. Bezüglich Lohnkategorien zeigt sich, dass viele Personen, die weniger gut verdienen, unfreiwillig in Fast-Vollzeitstellen angestellt sind. Eine einheitliche Kategorisierung als „gute“ Teilzeitstellen ist also nicht angebracht. Beim Blick auf den Zuwachs an Fast-Vollzeitstellen fällt auf, dass sowohl die Zahl freiwillig als auch Zahl unfreiwilliger Fast-Vollzeitstellen in vielen Berufsgruppen zugenommen haben. Bezüglich möglichen Gründen für den Anstieg an unfreiwilligen Fast-Vollzeitstellen scheinen Flexibilisierungsstrategien der Unternehmen im Vordergrund stehen, die Zunahme an freiwilligen Fast-Vollzeitstellen scheint mit geänderten Präferenzen der Arbeitenden resp. der Reaktion der Firmen darauf zusammenzuhängen.