Abstract
Fragestellung: Nach einer Organtransplantation finden komplexe psychologische Verarbeitungsprozesse statt. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, welche Metaphern im Zusammenhang mit Transplantationserfahrungen verwendet werden, und ob Unterschiede zwischen Patienten mit guter bzw. ungenügender Compliance im Gebrauch dieser Metaphern bestehen.
Methode: 14 lungentransplantierte Patienten wurden in einem halbstrukturierten Interview zu ihren Transplantationserfahrungen befragt. Ihre Compliance wurde von den behandelnden Ärzten eingeschätzt. Die Auswertung der Interviews erfolgte anhand einer Metaphernanalyse, welche Hinweise auf vor- und unbewusste Vorstellungen der Patienten liefert. Die Interraterreliabilität über die Metapherngruppen war Cohen’s Kappa K = 0.8.
Ergebnisse: Die Patienten konzeptualisierten ihren Körper, aber auch ihr Selbst als ein “Gefäß”, dass sowohl materielle (z.B. die Lunge) wie immaterielle Objekte (z.B. Gedanken an den Spender, Affekte) enthält. Der wichtigste Unterschied zwischen den Compliance-Gruppen bestand darin, dass Patienten mit ungenügender Compliance eine grössere Distanz zur transplantierten Lunge erlebten. Auch konzeptualisierten sie ihren Körper bzw. ihr Selbst nicht als ein Gefäß, das die Lunge enthält.
Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass gute Compliance mit einer erfolgreichen Organintegration assoziiert ist, welche die Zugehörigkeit der Lunge in einem als Gefäß konzeptualisierten Körper bzw. Selbst umfasst. Patienten mit ungenügender Compliance nehmen die Lunge eher als Fremdkörper wahr. Diese Verarbeitungsprozesse sind teils bewusster, teils vor- und unbewusster Natur.