Abstract
Finanz- und Rechnungswesen (FRW) stellt einen wichtigen Ausbildungsinhalt der gegenwärtigen kaufmännischen dualen beruflichen Grundbildung der Schweiz dar. Mit Blick auf die professionelle Entwicklung und das lebenslange berufliche Lernen kommt den ausbildungsbezogenen Interessen eine hohe Bedeutung zu. Der vorliegende Beitrag fokussiert auf ein bisher stark vernachlässigtes Forschungsthema, nämlich die Frage nach dem Einfluss individueller, struktureller sowie betrieblicher Merkmale auf den Entwicklungsverlauf des Interesses an Inhalten und an Tätigkeiten des Finanz- und Rechnungswesens in kaufmännischen Lehr- und Lernsettings. Insgesamt wurden 965 kaufmännische Lernende der Deutschschweiz während ihrer dreijährigen Ausbildung vier Mal befragt. Die Daten wurden mittels unkonditionierter sowie konditionierter latenter Wachstumskurvenmodelle (Latent-Growth-Curve Models) vertiefend analysiert. Es konnte in Übereinstimmung mit bereits existierender Literatur festgestellt werden, dass das Interesse an FRW-Inhalten und FRW-Tätigkeiten im Durchschnitt kontinuierlich abnahm. Die signifikante Varianz im Ausgangsniveau (intercept) sowie in der Veränderung über die Zeit (slope) wies jedoch auf interindividuelle Unterschiede hin. Diese interindividuellen Unterschiede konnten teilweise durch individuelle Merkmale wie Geschlecht und kognitive Fähigkeiten, betriebliche Merkmale wie Anwendungshäufigkeit von FRW-Inhalten in praktischen Tätigkeiten sowie strukturelle Merkmale wie Anzahl der Leistungsziele und Größe des Betriebs erklärt werden. Die Ergebnisse werden hinsichtlich der Bedeutung zur weiteren inhaltlichen und strukturellen Gestaltung der beruflichen kaufmännischen Grundbildung diskutiert.