Abstract
Der Artikel setzt sich mit dem Aufkommen des Begriffs Migration in der Schweiz zwischen Ende der 1980er und Mitte der 1990er Jahre auseinander. Durch eine dichte Beschreibung epistemischer und sozialer Zusammenhänge wird das Entstehen eines neuen Migrationsdiskurses rekonstruiert, der die Wahrnehmung von und Umgang mit grenzüberschreitender Mobilität in der Schweiz nachhaltig geprägt hat. In den politischen Debatten und Aushandlungsprozessen zwischen staatlichen Behörden, Sozialwissenschaften, Hilfswerken, Kirchen, politischen Parteien, zivilgesellschaftlichen Organisationen und ›Betroffenen‹ im Untersuchungszeitraum wurden verschiedene Aspekte und Wissensbereiche im Namen der ›Migration‹ neu zusammengebracht und reorganisiert, allen voran die Bereiche Asyl und Arbeit, aber auch Demografie, Entwicklung, Integration und Kultur. Bis Mitte der 1990er Jahre entwickelte der neue Migrationsdiskurs eine Eigendynamik, aus der heraus zeitgenössische Akteure anfingen, die Schweiz als ›Migrationsgesellschaft‹ wahrzunehmen. Mit der Fallstudie zur Schweiz leistet der Artikel einen Beitrag zur allgemeineren Debatte, wie die Geschichte von Migrationsregimen geschrieben werden kann.