Abstract
In vielen medizinischen Expertenempfehlungen und Leitlinien ist die Anwendung der Kompressionstherapie bei akutem Erysipel als Kontraindikation ausgewiesen. Aufgrund der teils massiven Ödeme wird in einigen Kliniken die Kompressionstherapie dennoch durchgeführt. Somit ergab sich die Fragestellung, ob die Kompressionstherapie bei Erysipel des Unterschenkels aufgrund der akuten Infektsituation tatsächlich zu Komplikationen führt und somit eine Kontraindikation darstellt. Für den Zeitraum 01.01.2018 bis 30.06.2019 konnten die Unterlagen von 56 stationären Patienten mit akutem Erysipel des Unterschenkels, bei denen ab Aufnahmetag zusätzlich zu einer systemischen Antibiotikatherapie eine Kompressionstherapie durchgeführt wurde, retrospektiv ausgewertet werden. Es wurden die Dauer der stationären Behandlung, die im Rahmen der Stationsroutine bestimmten Infektparameter sowie evtl. aufgetretene Komplikationen ausgewertet. Während der stationären Behandlung zeigte sich ein deutlicher Abfall der Infektparameter Leukozytenzahl und CRP (C-reaktives Protein). Die Kompressionstherapie konnte bei 92,9 % der Patienten am Aufnahmetag begonnen und bis zur Entlassung fortgeführt werden. Die Dokumentation des stationären Verlaufs zeigte bei keinem Patienten einen Fieberanstieg oder klinische Zeichen der Sepsis. In dieser retrospektiven Analyse konnte erstmalig gezeigt werden, dass es bei Patienten mit akutem Erysipel durch eine Kompressionstherapie nicht zu einer klinischen Verschlechterung bzw. zum Auslösen eines septischen Krankheitsbilds kommt. Somit sehen die Autoren die Deklaration des akuten Erysipels als Kontraindikation für die Kompressionstherapie als nicht gerechtfertigt an.
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In many medical expert recommendations and guidelines, the use of compression therapy for acute erysipelas is designated as a contraindication. Due to the sometimes massive oedema, compression therapy is nevertheless used in some clinics. This led to the question whether compression therapy for erysipelas of the lower leg actually leads to complications due to the acute infection and thus represents a contraindication. For the period 01 January 2018 to 30 June 2019, the records of 56 inpatients with acute erysipelas of the lower leg who received compression therapy in addition to systemic antibiotic therapy were retrospectively evaluated. The duration of inpatient treatment, the infection parameters determined as part of the ward routine and any complications that occurred were evaluated. While treated as inpatients the blood parameters for infection clearly dropped. Compression therapy was started on admission day in 92.9% of patients and continued until discharge. None of the patients showed an increase in fever or clinical signs of sepsis during the hospital stay. In this retrospective analysis it could be shown for the first time that compression therapy does not cause a clinical worsening or trigger a septic clinical picture in patients with acute erysipelas. Therefore, the authors consider the declaration of acute erysipelas as contraindication for compression therapy as not justified.