Abstract
Der Beitrag baut auf Niklas Luhmanns Unterscheidung zwischen verschiedenen Typen sozialer Systeme auf, nämlich Interaktionen, Organisationen und einer durch funktionale Teilsysteme strukturierten Gesellschaft. Auf dieser Basis wird der Fall zweier Schüler in einer Schweizer Sekundarschule analysiert, die ihren Lehrerinnen mit religiöser Begründung den Handschlag verweigerten. Gezeigt wird, wie dieses Ereignis von verschiedenen Systemtypen als Problem bearbeitet und jeweils unterschiedlich beobachtet wurde, wobei speziell auch die Frage nach dem Stellenwert des Teilsystems Religion gestellt wird. Insbesondere der Zeitbedarf und der Stellenwert schriftlicher Kommunikation der verschiedenen Systeme erweisen sich als Faktoren, über die sich die unterschiedliche Rolle verschiedener Systemtypen in der Affäre verstehen lässt. Religion beeinflusste zunächst zwar die Interaktion im Klassenzimmer, schließlich fungierte sie aber eher als Thema von Recht, Politik und Massenmedien, als dass sich religiöse Kommunikation über den ursprünglichen Interaktionszusammenhang hinaus als einflussreich erwiesen hätte.