Abstract
In der gegenwärtigen Diskussion um Typen und Funktionen von Zitaten im Diskurszusammenhang kommt der Analyse politischer Kommunikation zunehmendes Gewicht zu, vgl. Fetzer (2015), Fetzer & Reber (2015), Weiss (2016), Fetzer & Weiss (2020). Unabhängig davon gewinnt ein zunächst bizarr anmutender Typ von Zitaten immer mehr an Interesse: spätestens seit Pascual (2014) fordern fiktive bzw. hypothetische Zitate in allen möglichen Formaten und Kontexten, von der Alltagskonversation über die Werbung und Medienkommunikation bis zum geschäftlichen und politischen Diskurs, das scheinbar gesicherte Wissen über das Wesen von Zitaten heraus: wie können solche Zitate funktionieren, wenn kein Authentizitätsanspruch hinter ihnen steht, wo bleibt z.B. das argumentum ad auctoritatem? Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit dieser Frage anhand von Beispielen aus dem Schnittbereich von politischen und fiktiven Zitaten anhand von Äußerungen tschechischer und v.a. russischer Politiker in Parlamentsdebatten. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Einbettung in den jeweiligen Argumentationszusammenhang und dem Typ von Argumenten (van Eemeren & Grootendorst (1992), van Eemeren & Houtlosser (2004)). Sie vermag damit gewiss nicht das gesamte Spektrum möglicher Funktionen fiktiver Zitate abzudecken, beleuchtet aber einen wichtigen Teilbereich mit z.T. unerwarteten Sprechern und einer Fülle von pragmatischen Nebeneffekten.