Abstract
Die forensische Kinder- und Jugendpsychiatrie steht in einem komplexen Spannungsfeld medizinischer, rechtlicher und sozialer Anforderungen. Die ethischen Herausforderungen, die sich daraus für den stationären Maßnahmenvollzug ergeben, sind bisher kaum untersucht, spezifische Hilfestellungen für Behandelnde fehlen. Diese Studie hat zum Ziel, ethische Themenfelder und Probleme in diesem Bereich zu identifizieren und ein Instrument zur Früherkennung und -intervention ethischer Probleme im Klinikalltag zu entwickeln. Methode: Eine systematische Literaturrecherche sowie eine Beobachtungstudie in der Jugendforensik der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel werden durchgeführt. Die Beobachtungsdaten werden mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet. Das Instrument wird auf der Basis der Resultate nach einer neuen Methode entwickelt. In der Literaturrecherche wurden 14 valide Publikationen identifiziert, die hauptsächlich ethische Probleme der Gerichtspsychiatrie thematisieren wie professionelle Rollenkonflikte, ethische Probleme der Diagnostik und Begutachtung oder der Umgang mit vertraulichen Informationen. Empirische oder empirisch-normative Studien fehlen. In der Beobachtungsstudie wurden 24 ethische Themen und spezifische Probleme identifiziert, besonders häufig sind ethische Fragen zu Moralkompetenzen der Jugendlichen, zur Behandlungsqualität, zum Umgang mit Regeln und Sanktionen und zur Freiheits- und Privatsphäre. Das Instrument zur Früherkennung und -intervention ethischer Probleme (FIEP) enthält die vier Kernelemente Risikofaktoren, Indikatoren, Interventionsplanung und Entscheidungsfindung. Der Maßnahmenvollzug der forensischen Kinder- und Jugendpsychiatrie offenbart ein breites Spektrum ethischer Themen mit spezifischen ethischen Problemen, welche in der Literatur bisher nur unzureichend untersucht sind. Das hier entwickelte Instrument FIEP unterstützt Behandelnde dabei, ethische Probleme frühzeitig zu erkennen und effizient zu bearbeiten.