Abstract
Durch Medieninstitutionalisierung wurde bislang im Nationalstaat die demokratische Öffentlichkeit gestaltet. Nun sind Plattformen in das gesellschaftliche Vermittlungssystem hinzugetreten. Sie haben, wie empirische Befunde und theoretische Analysen zeigen, eine „Krise der Vermittlung“ (Jarren/ Neuberger 2020) ausgelöst. Auch für Plattformen bedarf es daher Normen und Regeln, da sie faktisch publizistisch agieren, an der Herstellung von Öffentlichkeit beteiligt sind. Markt-, Datenschutz- und Missbrauchsregelungen reichen im Hinblick auf demokratiepolitische Normen und Ziele, die mit Öffentlichkeit verbunden sind, nicht aus. Da Plattformen global agieren, bedarf es einer (europäischen) Kommunikations- und Medienverfassung mit entsprechenden Leitbildern. Der Beitrag wendet sich der Gestaltungsfrage in indirekter Weise zu, indem analysiert wird, unter welchen institutionellen Voraussetzungen und Bedingungen der etablierte Journalismus und die publizistischen Medien ihren Beitrag zur Herstellung von Öffentlichkeit erbracht haben. Aus dieser Analyse lässt sich lernen, dass Öffentlichkeitsgestaltung über Medieninstitutionalisierung erfolgte, dass es dafür keinen Master-Plan gab, sondern Gestaltung wie Regulierung sich im Prozess vollzog. Die institutionellen Vorgaben machten politische und rechtliche Institutionen, die Ausgestaltung der Medienordnung erfolgte durch intermediäre Akteure. Mit Blick auf die konstitutive Funktion von Öffentlichkeit für die liberale Demokratie (Habermas 2021) ergibt sich funktional wie normativ die Notwendigkeit ihrer Ausgestaltung über die Institutionalisierung der Medien der Gesellschaft. Demokratische Öffentlichkeit ist gestaltungsbedürftig (Sarcinelli 2020).