Abstract
In der Frühen Neuzeit sah sich die lateinische Christenheit mit dem expandierenden Osmanischen Reich konfrontiert, in dem hauptsächlich Moslems, Juden und Christen lebten. Der ‹Türke› wurde in Bild und Schrift zu einer Figur, welche die muslimischen Osmanen als ruchlose Krieger, exotische Wesen oder fromme Gläubige darstellte. Während Zwingli und Bullinger kaum über vertiefte Kenntnisse des Islams verfügten, sondern aus der kontroverstheologischen Literatur ihrer Zeit schöpften, sorgte Bibliander auf der Grundlage rudimentärer Arabischkenntnisse für die Edition einer lateinischen Koranübersetzung. Die Reformatoren nutzten ihre jeweiligen Einschätzungen des Islams zur binnenkonfessionellen Profilierung und waren sich dabei einig, dass der Islam als christliche Häresie abzulehnen sei. Die wenigen, die wie Johann Jakob Redinger oder Hans Jakob Ammann mit muslimischen Osmanen den direkten Kontakt suchten oder wie Hans Rudolf Werdmüller Kinder als Kriegsbeute aus dem Osmanischen Reich nach Zürich brachten, gingen ebenfalls vom absoluten Wahrheitsanspruch des reformierten Glaubens aus. Zürcher und Zürcherinnen bekamen in Predigten, Druckschriften und Liedern alles Mögliche und Unmögliche über ‹Türken› zu hören und zu lesen. Als leibhaftige Menschen blieben Osmanen höchst seltene Randerscheinungen, die nur dann mit Unterstützung rechnen und sich in die Zürcher Gesellschaft integrieren konnten, wenn sie sich nachweislich zum Reformiertentum bekehrten.