Abstract
Die Begriffe der moralischen Vulnerabilität und Resilienz werden in der Diskussion über moralische Belastungssituationen in der Regel als moralpsychologische Begriffe verwendet. Die Frage nach dem Umgang mit moralischer Vulnerabilität impliziert aber auch normative Aspekte, die im Folgenden vor dem Hintergrund der ethischen Diskussion über die menschliche Verletzlichkeit analysiert werden. Es wird argumentiert, dass Interventionen, die die moralisch vulnerabilisierenden Effekte des Gesundheitssystem reduzieren, gegenüber Interventionen, die die betroffenen Personen moralisch resilienter machen sollen, aus ethischen Gründen vorzuziehen sind. Die Frage nach dem Umgang mit moralischer Verletzlichkeit kann sich dabei nicht allein am subjektiven Erleben orientieren, sondern muss als intersubjektiv zu diskutierende normative Frage der Gerechtigkeit begriffen werden.