Abstract
Die hier untersuchten Kochbücher und Rezepte zu Gerichten aus Pippi Langstrumpf sind Teil einer wachsenden Textgattung, die man als fiktionale Kochbücher bezeichnen kann. In solchen werden Speisen, die in fiktionalen Romanen, Filmen, Serien, Comics und Computerspielen beschrieben oder gezeigt werden, in die Sachbuchgattung transponiert und oder extrapoliert. In der Regel richten sie sich an Fans der jeweiligen Hypotexte und werden oft von ihnen selbst produziert. Bei Kochbüchern, die auf Werken der Kinder- und Jugendliteratur basieren, trifft man darüber hinaus auch auf eine verkörperlichte und kulinarisch reproduzierbare Erinnerungspraxis. Wie bei Das Astrid Lindgren Kochbuch (2008) und Bei Astrid Lindgren zu Tisch (2007) sind die Adressat:innen Erwachsene, welche ihre vergangene Leseerfahrung über sinnliche Erinnerungen an die beschriebenen Speisen wieder heraufbeschwören wollen. Auf eine ähnliche Weise wird man bisweilen in nostalgisch-regressiver Manier dazu angehalten, Astrid Lindgrens Erinnerungen an ein idyllisiertes, vorindustrielles Schweden mithilfe der Rezepte performativ wachzuhalten und sich einzuverleiben. Und nicht zuletzt erhält man über die Erzählungen, welche die Rezepte begleiten, auch Zugriff auf singuläre Biografien und Leseerfahrungen. Die Astrid Lindgren-Kochbücher, welche sich durch die Fleischwerdung des Wortes und die Offenbarung verschiedenster Erinnerungsbestände auszeichnen, geben daher Einblick in material-, produktions- und rezeptionsästhetische Prozesse, die dem Konsum populärer Medien zugrunde liegen.