Abstract
Hintergrund: Angesichts der Bedeutung der Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) und der Verankerung des Klimawandels in den globalen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen ist ein vertieftes Verständnis von Klimawandel als socio-scientific issue (Zeidler & Nichols, 2009) auch bei angehenden Lehrpersonen unerlässlich. Obwohl Lehrpersonen das Unterrichten des Lerngegenstandes Klimawandels als relevant einschätzen, wird Klimawandel im Primarschulkontext aufgrund der hohen Komplexität und der damit verbundenen Herausforderung selten unterrichtet. Bisherige Forschung fokussierte entweder auf den Berufseinstieg oder auf klimawandelbezogenes Wissen und Einstellungen von Lehrpersonen; dieser Aufsatz nimmt beide Aspekte in den Blick.
Ziele: Ziel dieses Beitrags ist es zu untersuchen, wie sich angehende Primarlehrpersonen kurz vor dem Berufseinstieg zum Unterrichten von Klimawandel äussern, und wie die herausgearbeiteten Aspekte (insb. Fachwissen, individuelle und soziale Ressourcen, Kontextfaktoren) auf die Wahrnehmung der Anforderung Klimawandel zu unterrichten einwirken.
Stichprobe / Rahmen: Die Stichprobe umfasste neun angehende Primarlehrpersonen. Die vier Studentinnen und fünf Studenten standen zum Untersuchungszeitpunkt ca. einen Monat vor dem Einstieg in die eigenverantwortliche Berufstätigkeit als Primarlehrperson.
Design und Methoden: Basierend auf dem wahrnehmungs- und stresstheoretisch hergeleiteten Rahmenmodells der Entwicklung pädagogischer Professionalität (Keller-Schneider, 2020), wurden die angehenden Primarlehrpersonen mittels leitfadengestützter Einzelinterviews befragt; die Daten wurden in einer inhaltlich-strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet.
Ergebnisse: Ergebnisse von zwei, in Bezug auf Fachwissen und Einstellungen zum Klimawandel systematisch und kontrastiv ausgewählten angehenden Lehrpersonen zeigen, dass die Bereitschaft, Klimawandel im Unterricht aufzunehmen, in fallspezifischer Weise von berufs- und themenbezogenen Komponenten geprägt wird. Nicht nur Wissen, sondern auch individuelle Ressourcen und Kontextfaktoren sind von Bedeutung, jedoch im unterschiedlichen Mass. Gemäss ihren Äusserungen fehlt es den angehenden Lehrpersonen zudem an fachlicher Sicherheit oder an fachdidaktischer Kompetenz, um die Komplexität des Lerngegenstandes für die Primarstufe adressatengerecht aufzubereiten. Die Anforderung, Klimawandel im Unterricht zu thematisieren, wird vermieden.
Fazit: Die Studie macht deutlich, dass zukünftige Forschungsvorhaben sich vermehrt mit der berufs- und themenbezogenen Anforderungswahrnehmung von Lehrpersonen auseinandersetzen müssen, um Rückschlüsse für die Bewältigung bei transformativen Lernangeboten im Sachunterricht und im Rahmen einer emanzipatorischen BNE gewinnen zu können. Dazu bedarf es auch in der Lehrer:innenbildung einer adressatengerechten Vermittlung.