Abstract
In dieser Studie untersuchen wir die Resonanz von Akteur:innen und ihrer Positionen in der öffentlichen Diskussion um die Initiative «Ja zum Verhüllungsverbot», die im März 2021 von der Schweizer Stimmbevölkerung angenommen wurde. Weil in der Debatte um die – häufig als «Burka-Initiative» bezeichnete – Volksabstimmung die Frage der Frauenrechte und die Rolle des Islams im Zentrum standen, interessiert besonders die Resonanz von muslimischen Akteur:innen und Frauen und ihren Positionen. Wir zeigen am Beispiel der Schweizer Medienberichterstattung und der Debatte auf Twitter, dass zwar verschiedene Akteur:innen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen Aufmerksamkeit erhielten, die Vielfalt in verschiedenen Bereichen jedoch teilweise eingeschränkt war. Muslimische Akteur:innen fanden weder in den Medien (11%) noch auf Twitter (13%) eine breite Resonanz. Frauen waren auf Twitter klar in der Minderheit (26%), in den Medien aber gleich stark präsent wie Männer (51%). Über die Verhüllung von Frauen im Islam sprachen auf Twitter also im Wesentlichen nicht-muslimische Männer und in den Medien nicht-muslimische Männer und Frauen. Insgesamt zeigte sich in der Medienberichterstattung ein gemischteres Bild. Das Verhüllungsverbot wurde in den Medien in beiden Sprachregionen breit diskutiert, auf Twitter aber nur in der Deutschschweiz. In den Medien stiess die Initiative zudem nicht auf dieselbe starke Ablehnung wie auf Twitter. Diejenigen muslimischen Akteur:innen, die in den Medien zu Wort kamen, brachten in der Summe gegensätzlichere Positionen ein als auf Twitter. In der Dynamik der Debatte aber ähnelten sich die beiden Arenen, auch weil die Akteur:innen auf Twitter häufig auf die Medienberichterstattung Bezug nahmen und diese zur Stützung ihrer Position einbauten. Die Studie gibt damit Einblicke in die engen Beziehungen zwischen der Medienarena und der Twitter-Sphäre in einem Abstimmungskampf in einem zunehmend hybriden Mediensystem.