Abstract
Das Phänomen der Volksaufklärung hat in Deutschland seit den 1970er Jahren zunehmend das Interesse von Historikern gefunden. Gemessen an den Anfängen, haben sich die Modelle, die zur Interpretation der Volksaufklärung angeboten worden sind, sehr verändert. Standen zunächst dichotomische Modelle im Vordergrund, so werden heute die Ambivalenzen im wechselseitigen Verhältnis der Volksaufklärungsträger und Volksaufklärungsadressaten zueinander hervorgehoben. Wenngleich die dichotomischen Konfliktmodelle der 70er und füihen 80er Jahre heute simplizistisch anmuten, so ist es das Verdienst dieser Studien, die Aufmerksamkeit auf das Thema der Volksaufklärung gelenkt zu haben. Der Beitrag der späteren Arbeiten, die nicht mehr ohne das Argument der Ambivalenzen im Prozess der Volksaufklärung auskommen, besteht hingegen darin, eine viel differenziertere Betrachtungsweise zu fördern. Mein Plädoyer zielt darauf, die Differenzierungen, die im Modell der Ambivalenzen angelegt sind, mit Hilfe von Polyvalenzmodellen weiterzuführen. Wie ein solches Modell aussehen und welche Forschungsperspektiven es eröffnen könnte, ist - am Beispiel der medizinischen Volksaufklärung in Baden - Gegenstand des vorliegenden Beitrags.