Abstract
Im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht die praxeographische Betrachtung von Kreislauf- und Nachhaltigkeitskonzepten im Kontext von Aquaponik. Aquaponik ist ein als nachhaltig und innovativ propagiertes Nahrungsmittelproduktions-System, das Aquakultur (Fischzucht) und Hydroponik (bodenunabhängiger Pflanzenanbau) in einem ‚geschlossenen Kreislauf‘ kombiniert. Dabei werden die Nährstoffe aus den Fischexkrementen genutzt, um Pflanzen zu düngen, während die Pflanzen das Wasser reinigen, bevor es zurück in die Fischbecken gelangt. Die Untersuchung basiert auf einem konzeptionellen Grundverständnis, welches in Anlehnung an Sheila Jasanoffs Konzept der sociotechnical imaginaries und Prämissen der (Post-)Akteur-Netzwerk-Theorie, davon ausgeht, dass das Phänomen Aquaponik als ein soziotechnisches Netzwerk interagierender Entitäten zu verstehen ist, in welchem Imaginationen von Zirkularität und zukünftiger Nachhaltigkeit verhandelt werden, sich artikulieren und materialisieren. Der Schwerpunkt meiner Feldforschung liegt auf Praktiken und Prozessen, aus welchen multiple Seinszustände von Aquaponik-Anlagen hervorgehen. Im Sinne einer methodenpluralen Herangehens-weise, nutze ich neben praxeographisch orientierten teilnehmenden Beobachtungen auch informelle Gespräche, semistrukturierte Interviews und Methoden der Bild- und Textanalyse. Die Untersuchung verdeutlicht, dass soziotechnische Imaginationen des Zukünftigen bereits in der Gegenwart wirksam sind, zukünftige technologische Innovationen plausibilisieren und je nach Handlungskontext, aus welchen sie hervorgehen, heterogene Kritik an einer als umweltschädlich wahrgenommenen Agrarwirtschaft formulieren.