Abstract
Seit ihrer Entdeckung in der Schweiz im Winter 1853/1854 spielten die Pfahlbauer eine bedeutende Rolle für das nationale Selbstverständnis des wenige Jahre zuvor entstandenen Staates, indem sie sich als tugendsame und arbeitsame Vorfahren des Schweizer Volkes deuten ließen und so eine einigende Funktion gegen Innen hatten. Der Beitrag besichtigt diesen Mythos der Pfahlbauer als idealisierte Vorfahren. Das Hauptgewicht liegt auf einer Analyse von F. H. Achermanns Der Schatz des Pfahlbauers (1920), um das von wissenschaftlichen Narrativen wie von sozialen und kulturellen Systemen durchzogene Bedeutungsgeflecht des Romans im Hinblick auf National- und Genderdiskurse des frühen zwanzigsten Jahrhunderts zu beleuchten, wobei vergleichend weitere Quellen wie K. Keller-Tarnuzzers Die Inselleute vom Bodensee (1935) oder J. Bührers Theaterstück Die Pfahlbauer (1932) beigezogen werden.