Abstract
Gegenstand des Artikels ist die grundlegende Diskussion von Neutrum und Individuum als grammatischen Entitäten, die in der Geschichte und modernen Struktur der romanischen Sprachen eine entscheidende Rolle spielen. Der weitreichende Verlust des lateinischen Neutrums, das eine ganze Reihe wichtiger konzeptueller Werte signalisierte (u.a. Nicht-Zählbarkeit, Ereignishaftigkeit, propositionalen Charakter usw., alles Kategorien, die keine räumliche Begrenztheit, also Nicht-Individuation, gemeinsam haben), führt, so die Hauptthese, in den romanischen Sprachen zu verschiedenen Individuations- bzw. Nicht-Individuationsstrategien, die mit der jeweiligen Neuorganisation des nominalen Genus- (und auch Numerus-) Systems systematisch korrelieren. Nach eine ausführlichen Begriffsklärung insbesondere des Konzepts des Individuums in Sprache und Sprachverwendung erfolgt eine Diskussion der beiden Konzepte einmal in Bezug auf Nominalmorphologie und Nominaldetermination der romanischen Sprachen und zweitens in Bezug auf Kasusmarkierung im Romanischen, insbesondere auf die weitverbreitete differentielle Objektmarkierung. Die weitgehend komplementäre Verteilung von obligatorischer Nominaldetermination und ›Partitivartikel‹ einerseits und differentieller Objektmarkierung im Romanischen andererseits kann vor diesem Hintergrund als nominalsyntagmainterne vs. -externe Anzeige von (Nicht-)Individuation als ›Neutrumsersatz‹ verstanden werden.