Abstract
Die hier vorgelegte, erziehungswissenschaftliche Habilitationsschrift befasst sich aus einer vergleichenden Perspektive mit der Anerkennung informell und nichtformal erworbener Kompetenzen im Kontext der Berufsbildung. Sie basiert auf elf wissenschaftlichen Abhandlungen, von welchen zum Zeitpunkt ihrer Einreichung acht bei international renommierten Fachzeitschriften und zwei in Sammelbänden publiziert sind, während ein Manuskript sich noch im Prozess der Begutachtung befindet. Die Abhandlungen konzentrieren sich im Kern auf die Frage, wie Anerkennungsverfahren in der Berufsbildung entstehen und umgesetzt werden, und zwar vor dem Hintergrund der Problematik, dass solche Verfahren aus Sicht der Politik als sehr relevant gelten, ihre Nutzung auf der Ebene der Umsetzung in vielen Fällen allerdings deutlich hinter den Erwartungen zurückbleibt. Die Mehrheit der Abhandlungen argumentiert auf der Grundlage von Fallstudien zu entsprechenden Entwicklungen in vier Ländern mit sich stark unterscheidenden Berufsbildungssystemen (Schweiz, Schweden, Bangladesch und Nord-Mazedonien). Die einzelnen Studien wurden mithilfe von Dokumentenanalysen und der Auswertung qualitativer Interviews erarbeitet. Eine der Abhandlungen befasst sich aus globaler Perspektive mit der Verbreitung von Anerkennungsverfahren. Schliesslich wird innerhalb eines theoretischen Rahmens, der durch den historischen Institutionalismus und die historisch-soziologischen Arbeiten Margaret Archers gebildet wird, eine «Theorie mittlerer Reichweite» zur Entstehung und Umsetzung von Anerkennungsverfahren im Bereich der Berufsbildung formuliert. Da es sich bei den vorgelegten Abhandlungen in ihrer Gesamtheit um die erste Arbeit handelt, welche sich aus vergleichender Perspektive und auf Grundlage von Länderstudien mit dem Prozess der Entwicklung und vor allem auch mit der Umsetzung von Anerkennungsverfahren in der Berufsbildung befasst, leistet sie einen wichtigen Beitrag zur weit über die Teildisziplin der Berufs- und Wirtschaftspädagogik hinausreichenden Literatur zu solchen Verfahren im Bildungswesen, doch ist sie auch für die Vergleichende Berufsbildungsforschung von Bedeutung. Das zentrale Argument besteht letztlich darin, dass die Entwicklung und Umsetzung von Anerkennungsverfahren vor dem Hintergrund der Bildungsexpansion und der dabei sich herausbildenden institutionellen Komplementaritäten zwischen Bildungssystem und Arbeitsmarkt zu analysieren ist.