Abstract
Die Ausbildungsverläufe von Jugendlichen beim Übergang von der obligatorischen Ausbildung in eine nachobligatorische schulische oder berufliche Ausbildung in der Schweiz sind komplexer geworden. Sie schliessen häufiger Umwege über Zwischenlösungen oder Phasen von Arbeitslosigkeit mit ein. Bisherige Studien widmen sich vorwiegend den Ursachen einer misslungenen Bewältigung an der ersten Schwelle. Wenig erforscht ist hingegen, was für Zukunftsvorstellungen und Identitätsentwürfe Jugendliche bei misslungenen Transitionen jenseits erwerbsbiografischer Normalitätsstandards entwickeln. Dieser Beitrag untersucht darum, wie sich verschiedene Wertdimensionen (z.B. Leistungsbereitschaft, Selbstverwirklichung) und verschiedene nicht‐kognitive Kompetenzen (z.B. Selbstwert, Anstrengungsbereitschaft) in Abhängigkeit der Verlaufsmuster beim Übertritt an der ersten Schwelle entwickeln. Basierend auf Pallas (2000) gehen wir davon aus, dass der Bildungsweg einen direkten Einfluss auf die Entwicklung der Werte ausübt. Insbesondere die Entwicklung des Wertes der Selbstverwirklichung sollte bei misslungenen Übertritten beeinträchtigt sein. Begründet wird dies mit der fehlenden sozialen Identität von Jugendlichen ohne zertifizierende nachobligatorische Ausbildung (Kirkpatrick Johnson & Elder 2002). Darüber hinaus nehmen wir an, dass Etikettierungsprozesse aufgrund von schulischen Abweichungen nach unten zu einem Teufelskreis von Disengagement, unzureichender Förderung bis hin zu sozialer Identitätsschädigung führen und sich auf die Kompetenzentwicklung auswirken (Solga 2005). Die Analysen basieren auf den Daten des repräsentativen Schweizerischen Kinder‐ und Jugendsurveys COCON, der die Lebensverhältnisse, die Bildungsverläufe und die Entwicklung von Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen in der deutsch‐ und französischsprachigen Schweiz untersucht. Datengrundlage bildet die mittlere von drei Kohorten. Es handelt sich um rund 950 Jugendliche, die zu den Befragungszeitpunkten 2006 und 2009 15‐ bzw. 18‐jährig waren.