Abstract
Partizipative Pressefotografie existiert zwar bereits seit Jahrzehnten, doch ihre Institutionalisierung durch den Boulevardjournalismus ist relativ neu. Bekanntestes Beispiel in Deutschland sind die Leserreporter der Bild-Zeitung. Anhänger versprechen sich von ihnen eine Bereicherung der Berichterstattung, Kritiker werfen ihnen Belanglosigkeit vor. Diese Streitfrage versucht der vorliegende Beitrag auf Basis der Nachrichtenwerttheorie zu klären. Dazu ermittelt er anhand einer Vollerhebung der Leserreporter-Fotos und der dazugehörigen Beiträge, ob sich deren Selektion und Beachtung durch die Journalisten eher an gesellschaftlichen oder an individuellen Relevanzkriterien orientiert. Es stellt sich heraus, dass bei der Selektion „weiche“ Nachrichtenfaktoren dominieren und im Zeitverlauf zunehmen. Die journalistische Beachtung jedoch wird in erster Linie von „harten“ Nachrichtenfaktoren bestimmt. Diese werden den Fotos auch über den Beitragstext zugeschrieben. Die gewonnenen Erkenntnisse lassen sich mit Vorsicht auf andere Formen des partizipativen Journalismus übertragen. Sie stützen die Annahme, dass dieser sich eher komplementär zum professionellen Journalismus verhält und entwickelt.