Abstract
Why is rural Kyrgyzstan experiencing widespread poverty and a considerable divide between the wealthy and the poor – despite twenty years of independence and sustained efforts to reform the rural economy? Drawing on an innovative livelihoods perspective with a focus on institutions, the author illustrates how the Kyrgyz agrarian reforms of the 1990s have fundamentally altered rural property relations. Analyzing quantitative and qualitative empirical data obtained between 2006 and 2009 in two case study villages in Naryn oblast, the study reveals how the reforms have not only redefined the economic value and social significance of land and other resources, but also the livelihood prospects of the rural population. Existing disparities between the asset-rich and the asset-poor have been reinforced, and their social relations have increasingly become embedded in a poorly regulated economic system. Wealthy and powerful households are therefore able to extend their property rights over land, pastures and other resources, while the less powerful struggle against various forms of uncertainties, which seriously undermine their prospects to escape the vicious cycle of short-term coping and resource depletion. The study thus provides a vivid example of the long-term effects of an agrarian ‘shock therapy’ and shows how the introduction of seemingly ‘robust’ institutions runs the risk of widening the existing gap between the rich and the poor.
Nach zwanzig Jahren Unabhängigkeit und weitreichenden Agrarreformen ist das ländliche Kirgistan weiterhin von weit verbreiteter Armut und grossen Ungleichheiten zwischen Arm und Reich geprägt. Mit einem Fokus auf die Wechselwirkungen zwischen Lebensunterhaltsstrategien und Institutionen geht die vorliegende Studie den Gründen dieser Stagnation nach und zeigt auf, wie ländliche Eigentumsverhältnisse durch die Kirgisischen Agrarreformen der 1990er Jahre fundamental verändert wurden. Die Analyse quantitativer und qualitativer Daten, welche zwischen 2006 und 2008 in zwei Fallstudien-Dörfern im Naryn Oblast erhoben wurden, offenbart dabei, wie die Reformen nicht nur den ökonomischen Wert und die soziale Bedeutung von Land und anderern natürlichen Ressourcen, sondern auch die Perspektiven der ländlichen Bevölkerung verändert haben. Unter dem Eindruck eines nur sehr schwach regulierten Wirtschaftssystems verfestigten sich bereits bestehende Disparitäten zwischen Arm und Reich. Dadurch sind verhältnismässig wohlhabende und handlungsmächtige Haushalte heute oft in der Lage, ihre Eigentumsrechte bezüglich Land, Weiden und anderer Ressourcen auszuweiten. Weniger wohlhabende Haushalte hingegen sehen sich mit verschiedenen Formen der Unsicherheit konfrontiert und verbleiben oft in einem Teufelskreis aus kurzfristigem Handeln und übermässigem Ressourcenverbrauch. Die Studie leistet damit einen wertvollen Beitrag zum besseren Verständnis der langfristigen Folgen sogenannter ‘Schocktherapien’ und zeigt, dass die Einführung vermeintlich ‘robuster’ Institutionen unter gewissen Umständen auch zu einer Verstärkung sozioökonomischer Disparitäten führen kann.