Abstract
Der Ausdruck SMEDI (Stillbirth, Mummification, Embryonic
Death, Infertility) ist seit langem als Krankheitsbegriff für Fruchtbarkeitsstörungen beim Schwein auch im deutschen Sprachraum weit verbreitet. Als wesentliche Ursachen hierfür werden Virusinfektionen,insbesondere das porzine Parvovirus (PPV) und porzine Enteroviren (20) genannt. Auch andere Viren können beim Schwein transplazentare Infektionen verursachen, wie das klassische
Schweinepestvirus, das Virus des Porcine Reproductive and
Respiratory Syndrome (PRRSV), das Enzephalomyokarditisvirus
und das Virus der Aujeszky’schen Krankheit (18).
Porzine Circoviren, die sich durch eine einzelsträngige, zirkulär angeordnete DNA auszeichnen, werden in apathogene porzine Cirocviren Typ 1 (PCV-1) und pathogene Circoviren Typ 2 (PCV-2)eingeteilt (13). Bei PCV-2 erfolgt eine Unterteilung in die Geno -
typen PCV-2a, PCV-2b und PCV-2c (16). PCV-2 ist der ursäch -
liche Erreger für das weltweit wirtschaftlich bedeutungsvolle Postweaning Multisystemic Wasting Syndrome (PMWS) (1, 7, 13). Es besteht jedoch auch eine Assoziation dieses Virus mit anderen Krankheiten, den so genannten Porcine Circovirus Associated Diseases (PCVAD). Diese umfassen neben PMWS das Porcine Dermatitis and Nephropathy Syndrome (PDNS), den Porcine Respiratory
Disease Complex (PRDC), granulomatöse Enteritiden,
nekrotisierende Lymphadenitiden, möglicherweise Fälle von kongenitalem Tremor und eben auch Reproduktionsstörungen (26). Für die Diagnose „PCV-2-bedingte Fruchtbarkeitsstörungen“ genügt der alleinige Nachweis von PCV-2 nicht. Nach Segalès (25, 26) müssen, analog wie von Sorden (28) für die Diagnose von PMWS vorgeschlagen, folgende drei Kriterien erfüllt sein: (I) vermehrt
Spätaborte oder Totgeburten, manchmal mit einer Hypertrophie
des fetalen Herzens und/oder Mumien, (II) fibrotische
und/oder entzündliche oder degenerative Myokardveränderungen
und (III) Nachweis großer PCV-2-Mengen in den Läsionen.
Im Jahr 1999 wurde zum ersten Mal von PCV-2-assoziierten
Fruchtbarkeitsstörungen in Kanada berichtet (31), die etwa 8 Jahre nach dem ersten Vorkommen von PMWS in einer neu aufgebauten Herde mit 450 primiparen Sauen auftraten (8). Bei den Jungsauen ergab sich eine massiv erhöhte Rate an Mumien und Totgeburten. Im untersuchten Wurf mit zwei Mumien, zwei mazerierten, drei autolytischen und zwei frischen, toten Feten konnten am Myokard Degenerationserscheinungen, milde Fibrosierungen,
eine nichteitrige Entzündung und immunhistologisch ein hoher
Gehalt an PCV-2-Antigen festgestellt werden. Seither wurden
weltweit weitere Fallberichte veröffentlicht (3, 10, 15, 19).
Nicht nur die experimentelle transuterine Inokulation von
PCV-2 in Feten (9, 22, 33), sondern auch die künstliche Besamung mit PCV-2-versetztem Sperma (11) sowie die experimentelle intranasale Infektion trächtiger Sauen mit PCV-2 (14, 17) führten zu einer Infektion der Feten mit Virusvermehrung, Organläsionen und Absterben von Feten. Somit gehört PCV-2 in die Liste der Viren, die eine transplazentare Infektion und Fruchtbarkeitsprobleme
verursachen können (18).
In der Schweiz fand die PMWS-Epizootie erst gegen Ende des
Jahres 2003 statt und erreichte etwa 4 Jahre später ihren Höhepunkt.
Sie war mit einer drastischen Verschiebung vom PCV-2azum
PCV-2b-Genotyp assoziiert (32). Im Herbst 2008 wurde in
der Schweiz erstmals in Mumien, die negativ für PPV getestet
waren, PCV-2 als Ursache für Fruchtbarkeitsstörungen nachgewiesen.
Diese Fälle werden im Folgenden näher beschrieben.
Die Schweiz war damals und ist heute nach wie vor amtlich frei von PRRS, Aujeszky’scher Krankheit und Schweinepest (30), sodass die Routinediagnostik keine Untersuchungen zum Nachweis der dafür verantwortlichen Erreger beinhaltet. Freiheit von diesen Krankheiten wird jährlich vom Bundesamt für Veterinärwesen durch serologische Untersuchung einer Stichprobe überprüft.