Abstract
Der Artikel entwickelt einen Vorschlag zur Stärkung der politischen Dimension der Unionsbürgerschaft durch gleichzeitige, obligatorische und auf Einzelvorlagen beschränkte Referenden zu EU-Vertragsreformen. Der Autor legt damit das Hauptgewicht auf die Beteiligungsprozesse der Bürger bei der Festlegung der Grundstruktur der EU durch die Verträge. Die Begründung erfolgt in folgenden Schritten. In Kapitel l wird in allgemeinen Betrachtungen die Relevanz der EU-Vertragsreferenden für die Europäische Unionsbürgerschaft aufgezeigt. In Kapitel 2 wird eine normative und empirische Argumentation zu Gunsten der direkten Demokratie vorgetragen. Kapitel 3 bietet eine Analyse der direkten Demokratie im bisherigen europäischen Einigungsprozess. Dabei zeigt sich einerseits die zunehmende Bedeutung dieser Praxis in der Vertragsratifikation, andererseits wird aber auch die Notwendigkeit von Reformen sichtbar. In Kapitel 4 wird dieser Ertrag auf eine juridische Analyse der Unionsbürgerschaft bezogen. Dabei steht die Frage im Zentrum, ob die unkoordinierten Verfahren der Vertragsratifikation nicht im Widerspruch zum Nicht-Diskriminierungsprinzip und zur Unionsbürgerschaft als eines grundlegenden Status von Personen stehen. Die Analyse zeigt insgesamt, dass eine Korrektur dieses tendenziellen Missstandes nicht durch eine juridische Ausweitung der Unionsbürgerschaft von statten gehen kann, wie sie von der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Bezug auf Personenfreizügigkeit und Residenz bekannt ist. Am Schluss werden fünf Gegenargumente zur Hauptthese diskutiert. (ICA2)