Abstract
Seit einiger Zeit versuchen experimentelle Ökonomen Verhaltensgesetze in mikrosozialen Situationen ausfindig zu machen. Ernst Fehrs experimentelle Forschung zu altruistischem Verhalten ist ein solcher Versuch, mit dem die egoistische Version des Homo oeconomicus durch Nachweis altruistischer Verhaltensdispositionen korrigiert werden soll. Dieser Artikel diskutiert Fehrs Ergebnisse unter zwei Gesichtspunkten, der mit dem Begriff Altruismus assoziierten Verständnisweise von sozialem Handeln und der mit der Labormethode assoziierten anthropologischen Forschungsstrategie. Gegen die Orientierung am Altruismus wird eingewandt, dass sie zu einer verzerrenden Darstellung des sozialen Handelns verführt und dass Fehrs empirische Ergebnisse aufgrund mangelnder Klarheit über die Handlungsmotive keinen Altruismus, sondern eher Phänomene sozialer Anerkennung belegen. Gegen die anthropologische Strategie wird eingewandt, dass sie nur lokale Phänomene innerhalb gesellschaftlicher Rahmenbedingungen sichtbar werden lässt und deshalb mehr voraussetzt als erklärt.