Abstract
Der Beitrag arbeitet die Kernelemente des Psychiatriekonzeptes des heute weitgehend in Vergessenheit geratenen Psychiaters und Psychopathologen Arthur Kronfeld (1886-1941) heraus. Auf dem Hintergrund einer neukantianischen Ausrichtung ging es ihm darum, die ldentität der Psychiatrie als klinische und wissenschaftliche Disziplin zu definieren und zu sichern. Dabei gewann der Begriff der ,Autologie" eine zentrale Bedeutung: Erst wenn alle eigenen, also psychopathologischen Hilfsmittel - die ,autologischen" im Sinne Kronfelds - erschöpft seien, dürfe und solle die psychiatrische Forschung Methoden und Konzepte der Nachbarwissenscbaften, etwa der Neurowissenschaften, einsetzen. Die mögliche Relevanz dieser Argumente für die aktuelle Diskussion um das Selbstverständnis der Psychiatrie wird erörtert. Der jüngst markant in die Defensive geratenen Psychopathologie könnte zukünftig wieder ein grösserer Stellenwert zukommen, allerdings nur wenn sie sich nicht auf eine blosse Befunderhebungstechnik reduzieren lässt, sondern neben der klinischen auch die methodenkritische und die epistemologische Ebene einbezieht.