Abstract
Sowohl in der klinischen und rechtlichen Praxis als auch in der Medizinethik besteht Uneinigkeit darüber, was die (moralische) Verbindlichkeit von Patientenverfügungen begründet und wie mit ihnen in der Praxis zu verfahren ist. Dieser Artikel versucht, die ethisch-normative Basis von Patientenverfügungen näher zu beleuchten. Eine Bestimmung erfolgt in drei Schritten. Erstens wird analysiert, welche Autonomiekonzeption Patientenverfügungen zugrunde liegt. Patientenverfügungen, so meine These, sind Ausdruck eines relationalen, um den Aspekt der Persönlichkeit angereicherten Autonomiebegriffs. Eine moralische Verbindlichkeit ist mit dieser Analyse noch nicht geklärt. Im Anschluss werden daher Argumente gesammelt, warum eine Patientenverfügung für Drittpersonen moralische Bindungskraft haben könnte. In der Achtung der Persönlichkeit sehe ich hier einen zentralen Punkt. Ob die Legitimität der in einer Patientenverfügung geäußerten Wünsche relativ zu einer bestehenden Rechtskultur, dem Allgemeinverständnis einer Gesellschaft oder der Kultur einer medizinischen Praxis ist, oder unabhängig vom soziokulturellen Kontext begründet werden kann, bleibt dabei eine offene Frage.